FMC-Chefin geht nach nur zwei Monaten – Zerwürfnis mit Fresenius

(FMC-Aktien weiten Verluste aus)

Frankfurt (Reuters) – Carla Kriwets Vorgänger Rice Powell hatte zehn Jahre an der Spitze von Fresenius Medical Care (FMC) gestanden – für sie ist nach gut zwei Monaten Schluss.

Der Dialyse-Konzern nannte in der Nacht zum Dienstag “strategische Differenzen” als Grund für den abrupten Wechsel auf dem Chefsessel. Den Posten der 51-Jährigen, die erst im Oktober von der Münchner Bosch-Tochter BSH Hausgeräte nach Bad Homburg gekommen war, übernimmt nun Finanzvorständin Helen Giza, die sich bereits vorher Hoffnung auf die Chefrolle gemacht hatte.

Der Mutterkonzern Fresenius unter seinem ebenfalls erst seit Oktober amtierenden Chef Michael Sen drängte auf schnellere Erfolge bei der Sanierung von FMC: “In einer fundamental gesunden Branche muss sich Fresenius Medical Care noch stärker auf den operativen Turnaround fokussieren, die Performance weiter verbessern und sich auf seinen Kern konzentrieren”, sagte Sen.

Die im Leitindex Dax notierte FMC-Aktie gab am Dienstag mehr als vier Prozent nach. Sie hat seit April mehr als die Hälfte ihres Wertes verloren. Die ebenfalls in der höchsten deutschen Börsenliga notierten Fresenius-Papiere fielen 1,7 Prozent. “Unerwartet und negativ” nannten die Analysten von Credit Suisse den Führungswechsel. Fresenius habe sich wenig Mühe gemacht, das Zerwürfnis zu beschönigen, sagte ein Händler.

AKTIVISTISCHER INVESTOR MACHT DRUCK

FMC war zuletzt immer mehr zum Bremsklotz für Fresenius geworden. Vor allem der Mangel an Pflegekräften in den USA bremst die Erholung nach der Corona-Pandemie, in der Dialyse-Patienten besonders gefährdet waren. Trotz aller Bemühungen seien viele Stellen in den Dialysezentren nicht besetzt. FMC rechnet im laufenden Jahr nach zwei Gewinnwarnungen mit einem Ergebniseinbruch um bis zu 25 Prozent. Das zieht den ganzen Gesundheitskonzern Fresenius nach unten.

Sen steht auch unter Druck des aktivistischen Investors Elliott, der Insidern zufolge bei Fresenius eingestiegen ist und auf eine Aufspaltung drängt. Mit einem Abbau der Beteiligung auf weniger als 25 Prozent könnte Fresenius FMC aus der Bilanz nehmen. Die Fresenius SE & Co KGaA hält bisher nur 32 Prozent an der Tochter, muss sie aber wegen der Machtverhältnisse in der KGaA-Struktur voll konsolidieren.

Kriwet war noch von Sens Vorgänger Stephan Sturm zu FMC geholt worden, fing aber angesichts der Probleme in Amerika drei Monate früher an als geplant. Zeitgleich startete der ehemalige Siemens-Manager Sen, der bis dahin die Tochter Kabi geleitet hatte, als Vorstandschef von Fresenius. Sturm hatte zwar mehrfach einen Umbau des Konzerns erwogen, den Worten aber keine Taten folgen lassen.

Bei ihrem Antritt hatte Kriwet schon tiefgreifende Maßnahmen angekündigt, um das Ruder herumzureißen. Dazu gehörten “auch eine Kultur der Leistung und klaren Verantwortlichkeiten”, sagte sie. In Kriwets Umfeld hieß es am Dienstag, sie habe sich die Lage vor Ort angesehen und einen grundlegenden Umbau vorgehabt. Der Muttergesellschaft sei es aber um schnelle Erfolge gegangen – auch mit Blick auf einen Anteilsverkauf. Auch die komplizierte Unternehmensstruktur habe sie gebremst. Kriwet selbst wollte sich nicht äußern.

GIZA WILL UMBAU FORCIEREN

Ihre Nachfolgerin Giza arbeitet seit 2019 als Finanzchefin für FMC, sie war vom japanischen Pharmakonzern Takeda gekommen. Erst in diesem Jahr war sie zur stellvertretenden Vorstandschefin aufgestiegen und mit der Umsetzung des Umbau-Programms “FME25” beauftragt worden. “Mit dem Wissen, das ich als CFO und Chief Transformation Officer des Unternehmens erworben habe, fühle ich mich gut gerüstet, um den Fokus noch stärker auf den operativen Turnaround zu legen”, erklärte Giza zum Antritt als Vorstandschefin. Sie folgt Kriwet auch als Mitglied des Fresenius-Vorstands. Ein Nachfolger für das FMC-Finanzressort wird noch gesucht.

Fresenius-Chef Sen hatte bei Siemens ähnliche Erfahrungen machen müssen wie Kriwet nun. Er sollte eigentlich Vorstandschef der abgespaltenen Tochter Siemens Energy werden, ging aber nach einem Zerwürfnis mit dem damaligen Siemens-Chef Joe Kaeser noch vor seinem offiziellen Amtsantritt.

(Bericht von Alexander Hübner und Christoph Steitz, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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