Genf/Frankfurt (Reuters) – Die Kosten für klimafreundliches Fliegen werden nach Einschätzung des internationalen Airline-Verbandes IATA die Ticketpreise in die Höhe treiben.
Steigende Kosten für den Ausstoß des Klimagases CO2 schlügen sich auf die Preise nieder, erklärte IATA-Chef Willie Walsh am Dienstag in Genf. Eine Branche, die durchschnittlich nur einen Dollar Gewinn pro Passagier mache, könne diese höheren Kosten nicht auffangen. Nach Ansicht von Umweltschützern ist es ein nützlicher Effekt im Sinne des Klimaschutzes, wenn höhere Ticketpreise die Flugnachfrage dämpfen.
Nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF) sind der wichtigste Hebel zum Abbau der CO2-Emissionen der Luftfahrt im Kampf gegen die Erderwärmung. Nach Ansicht des IATA-Chefs geht die Europäische Union (EU) mit der Pflicht, SAF mit zunehmendem Anteil dem fossilen Kerosin beizumischen, den falschen Weg. Die EU-Kommission schlug vor, dass die Kerosinhersteller ab 2025 zwei Prozent, ab 2030 fünf Prozent und ab 2050 dann 63 Prozent SAF dem Treibstoff beimischen müssen. Das Europäische Parlament fordert eine höhere Quote von 85 Prozent 2050. Eine Einigung mit den EU-Mitgliedstaaten über das Gesetz steht noch aus.
Für die Produktion ausreichender Mengen des Kraftstoffes, der noch drei bis fünf Mal soviel kostet wie Kerosin, ist die Industrie selbst verantwortlich. Dieses Vorgehen nannte Walsh unsinnig. Die USA dagegen arbeiteten effektiver am Aufbau der Produktion, erklärte er. Die US-Regierung verfolgt das Ziel, bis 2030 mindestens drei Milliarden Gallonen SAF pro Jahr zu liefern. Bis 2050 soll es genug grünes Flugbenzin geben, um den gesamten Jahresbedarf von voraussichtlich etwa 35 Milliarden Gallonen zu decken. Die Treibstoffproduzenten bekommen als Anreiz Steuernachlässe neben staatlichen Zuschüssen von insgesamt 290 Millionen Dollar.
AIRLINES AUS DER VERLUSTZONE
Die Luftfahrt wird der Prognose von IATA zufolge im kommenden Jahr die Corona-Krise endgültig hinter sich lassen. Für 2023 rechnet die International Air Transport Association (IATA) nach drei Verlustjahren mit einem kleinen Nettogewinn aller Airlines von 4,7 Milliarden Dollar. Das wäre eine Rendite von 0,6 Prozent. Das sei zwar ein großartiges Ergebnis angesichts des enormen wirtschaftlichen Schadens durch die Reisebeschränkungen während der Pandemie, erklärte IATA-Chef Walsh. Die hauchdünne Marge verdeutliche aber auch, dass die Branche noch viel zu tun habe, um eine solide finanzielle Basis zu erreichen.
Im Vorkrisenjahr 2019 hatte die Branche 26,4 Milliarden Dollar Gewinn eingefahren, was einer Rendite von 3,1 Prozent entsprach. Im laufenden Jahr erwartet IATA ein Minus von 6,9 Milliarden Dollar und damit einen kleineren Verlust als ursprünglich prognostiziert. Das ist eine deutliche Verbesserung gegenüber den Krisenjahren 2020 und 2021, als globale Reiserestriktionen zur Abwehr der Pandemie zu Rekordverlusten von 138 Milliarden und 42 Milliarden Dollar führten. Die Nachfrage nach Flügen war nach zwei Jahren Verzicht vieler Verbraucher aufs Reisen stark gestiegenen. Andererseits machten der Branche Streiks, steigende Lohn- und Treibstoffkosten zu schaffen. Personalmangel bremste die rasche Erholung des Luftverkehrs. Im Gesamtjahr 2022 rechnet IATA damit, dass die Zahl der Passagiere weltweit 70 Prozent des Vorkrisenniveaus von 2019 erreicht.
(Bericht von Emma Farge, Ilona Wissenbach, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)