Prag/Hamburg (Reuters) – Die Suche nach einem Standort für eine Batteriezellfabrik von Volkswagen in Osteuropa verzögert sich.
Eine Entscheidung noch in diesem Jahr sei nicht zu erwarten, erklärte ein Sprecher. “Es besteht kein Handlungsdruck, da wir uns angesichts der aktuellen Umstände etwas mehr Zeit für die Entscheidungsfindung nehmen.” Die tschechische Konzerntochter Skoda hatte ursprünglich eine Entscheidung bis Ende des Jahres erwartet. Tschechien wird als ein möglicher Standort für die Fabrik gehandelt, die die Produktion im Jahr 2027 aufnehmen soll. Die tschechische Presseagentur CTK berichtete, der Beschluss könne sich um mehrere Monate verzögern.
Konzernkenner gehen davon aus, dass das Thema Anfang kommenden Jahres wieder auf die Tagesordnung kommt, wenn der Aufsichtsrat über die Investitionen für die kommenden Jahre berät. Hintergrund der Verschiebung dürften die hohen Energiepreise und das wirtschaftliche Umfeld in Europa sein, das sich durch den Krieg Russlands in der Ukraine verschlechtert hat. Daneben spielen milliardenschwere Fördermittel eine Rolle. Die USA werben mit massiven Steuererleichterungen um Technologien für erneuerbare Energien wie Elektroautos. Der schwedische Batteriehersteller Northvolt erwägt bereits, geplante Investitionen in ein neues Batteriewerk in Schleswig-Holstein zugunsten einer Fabrik in den USA zurückzustellen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will auf die aus europäischer Sicht übermäßige Subventionen in den USA mit ähnlichen Maßnahmen reagieren. Das “Handelsblatt” berichtete, der Grünen-Politiker wolle mit einer “eigenen europäischen industriepolitischen Agenda” auf den milliardenschweren “Inflation Reduction Act” (IRA) von US-Präsident Joe Biden antworten.
Die Wolfsburger hatten unlängst die Suche nach einem Standort für eine Batteriezellfabrik in Kanada gestartet und dies mit idealen wirtschaftlichen Bedingungen in dem Land begründet. Auch in den USA könnte Europas größter Autokonzern eine Akkufabrik bauen. Dort unterhält der Konzern in Chattanooga im US-Bundesstaat Tennesse eine große Autofabrik, in der seit kurzem der Elektro-SUV ID.4 vom Band rollt.
In Europa will Volkswagen zusammen mit Partnern bis 2030 sechs Zellfabriken mit insgesamt 240 Gigawattstunden Leistung hochziehen. In Deutschland wurde im Juli der Grundstein für eine große Fabrik in Salzgitter gelegt. Zwei weitere Standorte stehen in Schweden und Spanien fest. Für eine Fabrik in Osteuropa kommen neben Tschechien auch Ungarn, Polen und die Slowakei in Frage.
(Bericht von Robert Mueller, Christoph Steitz; geschrieben von Birgit Mittwollen und Jan C. Schwartz; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)