Schenker-Verkauf wird schwerer – Gewinneinbruch erwartet

– von Markus Wacket

Berlin (Reuters) – Der Verkauf der internationalen Logistik-Tochter Schenker wird für die Deutsche Bahn schwieriger als angenommen.

Der Betriebsgewinn von Schenker dürfte sich nächstes Jahr wohl fast halbieren, wie aus Bahn-Planungsunterlagen hervorgeht, die der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag vorlagen. Das Abflauen des Booms in der Logistik trifft den Staatskonzern parallel zum Beschluss des Aufsichtsrats, den Vorstand mit der Prüfung eines möglichen Verkaufs von bis zu 100 Prozent der Tochter zu beauftragen. Das Gremium hatte am Donnerstag dem Vorstand weitgehend freie Hand gegeben, um eine Veräußerung von Schenker an Konkurrenten, Finanzinvestoren oder auch einen Börsengang vorzubereiten. Schenker gilt nicht mehr als Kerngeschäft der Bahn, die sich auf die Schiene in Deutschland konzentrieren soll. Allerdings hatte die Tochter den Konzern mit einem Milliarden-Gewinn zuletzt aus der Verlustzone geholt.

Der Beschluss zur Prüfung eines Schenker-Verkaufs war bei der Aufsichtsratssitzung erwartet worden, nachdem sich die Bundesregierung im Sommer grundsätzlich darauf verständigt hatte. In Finanzmarktkreisen war für Schenker zuletzt ein Wert von etwa 15 Milliarden Euro genannt worden. Angesichts der stark gesunkenen Frachtraten und des schrumpfenden Gewinns könnte es nun weniger werden. Schenker soll jedoch nicht für jeden Preis abgestoßen werden. In einem schlechten Marktumfeld sei auch der Verkauf von bloß einer Minderheit an der Tochter denkbar, heißt es in den Unterlagen.

Da Schenker in der Vergangenheit verlässlich Gewinne lieferte, war eine Trennung lange auch innerhalb der Bahn umstritten. Auf der anderen Seite nehmen die Schulden bei steigenden Zinsen weiter rasant zu. Konzernunterlagen zufolge werden sie 2023 auf 37 Milliarden Euro von derzeit rund 30 Milliarden Euro klettern. Daher sollen laut Aufsichtsratsbeschluss auch alle Erlöse aus einem Verkauf bei der Bahn bleiben und vor allem dazu verwandt werden, die Schulden zu reduzieren. Damit könne auch die Kreditwürdigkeit auf bestehendem Niveau gehalten werden, heißt es in den Unterlagen. Die Bahn hatte Schenker vor 20 Jahren im Zuge der Stinnes-Übernahme für rund 2,5 Milliarden Euro erworben. Zehn Jahre davor hatte die Bahn Schenker schon einmal verkauft.

SCHENKER GEWINNEINBRUCH ZIEHT BAHN INSGESAMT IN VERLUSTZONE

Wie wichtig die Schenker-Gewinne sind, zeigt sich den Unterlagen zufolge auch im folgenden Jahr: Dann wird noch ein Betriebsgewinn von knapp 1,2 Milliarden Euro erwartet. In diesem Jahr sollen es über zwei Milliarden werden – ein Rekordwert. Schenker macht zudem etwa die Hälfte des Konzern-Umsatzes. Entsprechend wird die Bahn auch insgesamt dastehen: Während 2022 unterm Strich mit einem Verlust von etwa 250 Millionen Euro gerechnet wird, dürfte dieser 2023 auf über zwei Milliarden Euro nach oben schnellen. Mit dazu beitragen werden allerdings auch die nötigen Investitionen ins marode Schienennetz: Die Tochter “Fahrweg” wird so einen Verlust von gut 500 Millionen Euro einfahren. In diesem Jahr fällt noch ein Gewinn in fast der gleichen Höhe an.

ZINSANSTIEG GEFÄHRDET SCHENKER-VERKAUF ZUSÄTZLICH

Dazu trifft der Zinsanstieg die Bahn gleich in zweifacher Weise: Zum einen muss sie mehr für ihre hohen Schulden zahlen. Zum anderen sinkt die Zahl möglicher Käufer für Schenker, für die die Finanzierung nun ebenfalls schwerer wird. “Aufgrund der absoluten Größe der Transaktion stehen nur wenige Investoren zur Verfügung”, heißt es in den Unterlagen. Zudem wird ein möglicher Verkauf, den der Aufsichtsrat nochmal gesondert beschließen müsste, länger dauern: “Aufgrund des Kapitalmarktumfelds ist nicht von einem Start des Verkaufsprozesses von Schenker vor Q3/Q4 2023 auszugehen.” Der Verkauf an sich dürfte dann etwa neun Monaten dauern. Das heißt, ein Abschluss vor 2024 ist nicht denkbar.

Dabei gibt es im zersplitterten Logistik-Markt eigentlich genug Interessenten: Maersk, Kühne+Nagel sowie die dänische DSV werden immer wieder genannt. Aber auch Finanzinvestoren wie Carlyle, CVC, Advent oder Bain sollen Interesse vor allem an einer vollständigen Übernahme haben. Dies ist auch die bevorzugte Option der Bahn. Die Deutsche Post, ebenfalls mit Staatsbeteiligung, hat Insidern zufolge ebenfalls grundsätzlich Interesse. Das Manager-Magazin berichtet, die Post befasse sich intensiv mit dem Thema.

Eine Sprecherin der Bahn sagte zu den Reuters-Informationen: “Wir äußern uns grundsätzlich nicht zu internen Unterlagen.”

(Weiterer Reporter: Matthias Inverardi; redigiert von Ralf Banser; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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