München (Reuters) – Der Börsengang des Stuttgarter Sportwagenbauers Porsche war im zu Ende gehenden Jahr der zweitgrößte weltweit.
Mit einem Erlös von 9,4 Milliarden Euro (umgerechnet 9,1 Milliarden Dollar) musste die Volkswagen-Tochter nur dem südkoreanischen Hersteller von Elektroauto-Batterien LG Energy Solution den Vortritt lassen, wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten “IPO Barometer” der Wirtschaftsprüfungsfirma EY hervorgeht. LG Energy erlöste umgerechnet 10,7 Milliarden Dollar, auf Rang drei folgt der Mobilfunkbetreiber China Mobile mit umgerechnet 8,2 Milliarden Dollar. Insgesamt fällt die Bilanz der Börsengänge 2022 aber ernüchternd aus.
Die Zahl der Neuemissionen brach weltweit um 45 Prozent auf 1333 ein, das Emissionsvolumen lag mit 180 Milliarden Dollar sogar um 61 Prozent unter dem hohen Vorjahresniveau. Mit einem Minus von jeweils 22 Prozent schlug sich China noch am besten. 55 Prozent des weltweiten Emissionsvolumens entfiel damit auf chinesische Firmen.
Allein 278 Unternehmen sagten einen bereits angekündigten Börsengang ab, deutlich mehr als im langjährigen Durchschnitt. “Nach dem Rekordjahr 2021 war 2022 durch geopolitische Spannungen, eine hohe Inflation und starke Zinserhöhungen sowie eine entsprechend hohe Volatilität gekennzeichnet”, erklärte EY-Listing-Experte Martin Steinbach die Entwicklung. Potenzielle Anleger hielten sich angesichts schwächerer Aktienmärkte, sinkender Bewertungen und enttäuschender Kursentwicklungen nach der Erstnotiz zurück.
Der Rückgang lag maßgeblich an Finanzinvestoren, die sonst oft über einen Börsengang aus ihren Beteiligungen aussteigen. Sie brachten 2022 nur 65 Unternehmen aus ihren Portfolios an die Börse, laut EY so wenige wie seit 20 Jahren nicht. 2021 waren es noch 286.
Aber auch der SPAC-Boom, bei dem seit 2020 Hunderte leerer Unternehmenshüllen (Special Purpose Acquisition Companies) an die Börsen gebracht wurden, ist abgeebt. Gingen 2021 noch 682 SPACs mit einem Emissionsvolumen von 172 Milliarden Dollar an die Börse, brach die Zahl um mehr als drei Viertel auf 155 und das Volumen sogar um 90 Prozent auf 16,5 Milliarden Dollar ein. 480 SPACs sind noch auf der Suche nach Übernahmeobjekten, 80 Prozent von ihnen müssen laut Steinbach bis Mitte 2023 fündig werden, sonst müssen sie den Anlegern ihr Geld zurückgeben.
Eine Trendwende zu mehr Börsengängen ist nicht in Sicht. Doch macht der allmählich gebremste Zinsanstieg Steinbach leise Hoffnung: “Damit könnte das kommende Jahr günstigere Bedingungen für Börsengänge bieten, so dass die weltweiten IPO-Aktivitäten insbesondere in der zweiten Hälfte des Jahres wieder an Fahrt gewinnen könnten.”
(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)