Insolventer Autozulieferer Borgers geht an Schweizer Rivalen

Zürich/München (Reuters) – Der insolvente Autozulieferer Borgers ist gerettet.

Das Unternehmen aus dem nordrhein-westfälischen Bocholt mit 4500 Mitarbeitern wird für 117 Millionen Euro an den schweizerischen Konkurrenten Autoneum verkauft. Das teilten beide Seiten am Montag mit. Borgers war eine der größten Firmenpleiten des vergangenen Jahres in Deutschland. Große Autohersteller wie Volkswagen, die von Borgers mit Verkleidungen, Dämpfungen und Isolationen aus Naturfasern und Kunststoffen für Innenraum, Motor und Kofferraum beliefert wurden, mussten wegen der leeren Kassen bei Borgers zeitweise um Nachschub bangen. Der Erlös aus dem Verkauf geht überwiegend an die Gläubigerbanken um die Commerzbank, an die große Teile der Vermögenswerte des Familienunternehmens verpfändet waren.

Autoneum übernimmt praktisch alle 4500 Mitarbeiter, davon 1800 in Deutschland. Die Auslandstöchter in Frankreich, Polen, Schweden, Spanien, Tschechien, Großbritannien und den USA konnten aus der Insolvenz herausgehalten werden. “Trotz einer komplexen Gemengelage haben wir innerhalb von knapp drei Monaten eine wirtschaftlich vernünftige Lösung (…) gefunden, die der Gruppe nachhaltige Perspektiven eröffnet”, sagte der erfahrene Insolvenzverwalter Frank Kebekus. Für die Übernahme eines Gemeinschaftsunternehmens in China steht die Genehmigung noch aus.

Für die Autobauer werden die Zulieferteile von Borgers wohl teurer: Autoneum erklärte in Winterhur, man habe mit den Kunden von Borgers bereits im Vorfeld neue Preise und Lieferbedingungen vereinbart. “Diese stellen sowohl kurz- als auch langfristig eine nachhaltige Profitabilität und die Weiterentwicklung von Produkt- und Prozesstechnologien sicher.” Die beiden Unternehmen ergänzten sich gut, die Produkte überlappten sich nur zu einem Viertel.

Autoneum wurde vor zwölf Jahren vom Maschinenbauer Rieter Holding abgespalten und ist seither an der Zürcher Börse gelistet. Das Unternehmen sieht sich als Weltmarktführer bei akustischen und thermischen Lösungen für Fahrzeuge und wird mit rund 500 Millionen Franken bewertet. Autoneum will die Übernahme mit einer Kapitalerhöhung um 100 Millionen Franken finanzieren. Die beiden Großaktionäre, der Milliardär Martin Pieper (Artemis) und Peter Spuhler, Verwaltungsratschef des Bahntechnik-Konzerns Stadler Rail, wollen mitziehen. Autoneum-Chef Matthias Holzammer sprach von “einer schlüssigen und überzeugenden industriellen Logik”.

Borgers galt seit Jahren als Sanierungsfall und war durch die Corona-Krise noch tiefer in die roten Zahlen gerutscht. Ein Verkauf vor der Insolvenz war am Streit zwischen den Autobauern und den Banken gescheitert. 2021 lag der Umsatz der Automotive-Sparte bei 610 Millionen Euro. Im abgelaufenen Jahr stieg er auf 710 Millionen Euro. Die Maschinenbau-Sparte war bereits im Juni 2022 für 45 Millionen Dollar (43 Millionen Euro) an den US-Konzern Matthews verkauft worden. Sie stand für rund ein Fünftel des Umsatzes.

(Bericht von Alexander Hübner und Paul Arnold, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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