Berlin (Reuters) – Der Lkw-Verkehr auf den deutschen Autobahnen ist im Dezember wegen der Grippewelle und tagelangen Minus-Temperaturen so stark eingebrochen wie seit Beginn der Corona-Pandemie nicht mehr.
Die Fahrleistung mautpflichtiger Lastkraftwagen mit mindestens vier Achsen auf Bundesautobahnen nahm kalender- und saisonbereinigt um 4,9 Prozent zum Vormonat ab. “Dies ist der stärkste Rückgang seit dem Einbruch der Fahrleistung im April 2020 infolge der Corona-Pandemie”, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahresmonat fiel das Minus mit 6,1 Prozent noch größer aus. “Der deutliche Rückgang im Dezember 2022 dürfte unter anderem durch den Wintereinbruch und hohe Krankenstände bedingt sein”, lieferten die Statistiker eine Erklärung dafür.
Neben der Corona-Pandemie sorgten die Grippewelle und andere Atemwegserkrankungen zuletzt für volle Kliniken und viele Arbeitsausfälle. Der durch die aktuelle Grippewelle verursachte Krankenstand könnte die deutsche Volkswirtschaft im schlechtesten Fall – wenn die Welle weiter ansteigt und lange andauert – über 40 Milliarden Euro kosten, ergaben Berechnungen des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW).
Die Lkw-Fahrleistung auf Autobahnen wird von Ökonomen genau beobachtet: Sie liefert frühe Hinweise zur aktuellen Konjunkturentwicklung in der Industrie, da wirtschaftliche Aktivität auch Verkehrsleistungen erzeugt und benötigt. “Das deutliche Minus beim Mautindex ist sicherlich ein Signal, das man im Auge behalten sollte”, sagte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. “Allerdings reicht es mir nicht aus, jetzt schon eine deutliche Verschlechterung der Industrieproduktion auszurufen, die sich bisher ja wegen der hohen Auftragsbestände sehr gut gehalten hat.” Der Zusammenhang zwischen Mautindex und Produktion sei zwar beim Trend recht stark, bei den einzelnen Monatswerten allerdings eher schwach.
REGIONALE UNTERSCHIEDE
Regional fiel der Rückgang zum Jahresende allerdings stark unterschiedlich aus. Den größten Einbruch der Lkw-Maut-Fahrleistung gab es in Niedersachsen mit minus 6,5 Prozent zum Vormonat, gefolgt von Bayern (-5,0), Thüringen und Sachsen (jeweils -4,8). In Baden-Württemberg (-1,1 Prozent), Rheinland-Pfalz und Saarland (jeweils -1,3) fiel der Rückgang dagegen unterdurchschnittlich aus.
Der grenzüberschreitende Verkehr – der die Zahl der Ein- und Ausfahrten über die deutsche Grenze misst – nahm im vergangenen Monat um 4,8 Prozent ab. “Bei den grenzüberschreitenden Fahrten aus und nach Tschechien gab es den stärksten Rückgang”, hieß es. Hier wurde ein Minus von 8,3 Prozent registriert. Auch der grenzüberschreitende Lkw-Verkehr aus und nach Dänemark (-8,1 Prozent) nahm stark ab.
Die deutsche Wirtschaft ist im Sommerquartal trotz Energiekrise, Materialengpässen und hoher Inflation überraschend um 0,4 Prozent gewachsen. Die meisten Experten gehen allerdings davon aus, dass sie Ende 2022 leicht geschrumpft ist und zu Jahresbeginn 2023 in eine Rezession rutschen könnte.
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Rüttger und Sabine Wollrab – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)