Frankfurt (Reuters) – Nach der Börsenrally zu Jahresanfang sind die Anleger in Europa wieder in Deckung gegangen.
Der deutsche Leitindex Dax und sein europäisches Pendant, der EuroStoxx50, notierten am Dienstagnachmittag jeweils ein halbes Prozent tiefer bei 14.724 beziehungsweise 4047 Punkten. “Nach dem Sechs-Prozent-Plus in den ersten sechs Handelstagen des neuen Jahres ist im Deutschen Aktienindex nun langsam Vorsicht geboten”, sagte Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets. Auch die Futures für die wichtigsten US-Indizes lagen im Minus.
In den Blick nahmen die ein Notenbank-Symposium der schwedischen Riksbank in Stockholm. Auf der Teilnehmerliste standen unter anderem Fed-Präsident Jerome Powell und die EZB-Direktorin Isabel Schnabel. Zuvor sorgten die Aussagen von zwei US-Notenbankern für Verunsicherung. Die Fed werde demnach die Zinsen wahrscheinlich bis auf über fünf Prozent in die Höhe treiben und sie für einige Zeit auf diesem Niveau halten. Weitere Hinweise auf die künftigen Zinsschritte der Notenbank erhoffen sich Börsianer auch von den US-Inflationszahlen am Donnerstag.
DOLLAR GEFRAGT – TECHNOLOGIEWERTE FOLGEN ANLEIHEN INS MINUS
Die Zinssorgen beflügelten den Dollar, der als sicherer Hafen in Krisenzeiten gilt. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, gewann 0,4 Prozent auf 103,43 Punkte.
Zugleich flogen Staatsanleihen aus den Depots. Die zehnjährigen Bunds rentierten mit 2,274 Prozent im Vergleich zu 2,214 Prozent am Tag zuvor. Auch die Rendite der US-Bonds mit der gleichen Laufzeit stieg auf 3,571 Prozent von 3,517 Prozent am Montag. Das setzte Technologiewerten zu. Der europäische Branchenindex verlor 1,1 Prozent. Eine steigende Inflation und höhere Zinsen entwerten Experten zufolge zukünftige Gewinne dieser wachstumsstarken Firmen.
BAYER DANK ASUNDEXIAN-PROGNOSE AN DAX-SPITZE
Bei den Einzelwerten zählte Bayer mit einem Kursplus von gut vier Prozent auf 54,00 Euro zu den Favoriten. Der Pharma- und Agrarkonzern erhofft sich von seinem neuen Gerinnungshemmer Asundexian kräftigen Rückenwind für sein Pharmageschäft. Bayer hob seine Prognose für das Spitzenumsatzpotenzial seiner vielversprechendsten Blockbuster-Medikamentenkandidaten deutlich an – vor allem dank erwarteter Milliardenumsätze mit Asundexian. Auf insgesamt mehr als zwölf Milliarden Euro schätzt Pharmachef Stefan Oelrich nun das Spitzenumsatzpotenzial seiner vier wichtigsten Wachstumstreiber ein. Bislang erwartete Bayer mehr als fünf Milliarden Euro.
Dagegen brachen die Aktien der belgischen Öltankergruppe Euronav wegen einer aufgekündigten Fusion durch den Rivalen Frontline um 18,2 Prozent auf 12,37 Euro ein. Das Aus der 4,2 Milliarden Dollar schweren Fusion ließ Anleger hingegen bei Frontline zugreifen. Die Titel zogen 24,4 Prozent an. Euronav kündigte an, die einseitige Kündigung der Fusion prüfen zu wollen.
In den USA schickte ein gescheiterter Raumflug die Aktie der Satellitenfirma Virgin Orbit nach unten. Die Wertpapiere fielen im vorbörslichen Handel um mehr als 23 Prozent. Wegen einer technischen Anomalie habe eine Rakete die erforderliche Umlaufbahn nicht erreicht, teilte das Unternehmen mit. Auch die Aktien des Chipherstellers Broadcom standen unter Druck und verloren vorbörslich 0,9 Prozent auf 572 Dollar. Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte berichtet, der US-Technologieriese Apple wolle ab Ende 2024 oder Anfang 2025 von Wi-Fi- und Bluetooth-Chips von Broadcom und Qualcomm abrücken und stattdessen eigene Teile verwenden.
(Bericht von Zuzanna Szymanska, Nette Nöstlinger und Stefanie Geiger. Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)