Börsen rutschen ab – China-Sorgen schüren Nervosität

Frankfurt (Reuters) – Aus Angst vor einer größeren Krise im chinesischen Immobiliensektor und weiter steigenden US-Zinsen haben Europas Aktienanleger zum Wochenschluss Reißaus genommen.

Dax und EuroStoxx50 verloren bis zum Nachmittag je 1,2 Prozent auf 15.485 und 4181 Punkte. Der VIX-Volatilitäts-Index, ein Gradmesser der Nervosität an den Börsen, kletterte auf den höchsten Stand seit März.

Auch an der Wall Street ging es vorbörslich abwärts, nachdem der seit mehr als anderhalb Jahren in der Krise steckende chinesische Immobilienentwickler Evergrande bei einem US-Insolvenzgericht Gläubigerschutz beantragt hat. “Das Timing für diesen Schritt ist nun denkbar ungünstig, da in China gerade weitere Firmen aus dem Sektor wackeln”, sagte Jürgen Molnar, Stratege vom Broker RoboMarkets. “Die Wahrscheinlichkeit, dass die Krise in der Immobilienbranche nun auch auf die Finanzbranche überschwappt, ist mit diesem Schritt größer geworden.”

In der letzten Zeit machten auch Probleme beim Konkurrenten Country Garden Schlagzeilen. Der Konzern teilte vergangene Woche mit, für die erste Jahreshälfte einen Nettoverlust von 7,6 Milliarden Dollar zu erwarten. Kurz darauf ließ er den Handel mit einem Teil seiner Anleihen stoppen.

BERICHT ÜBER AUSVERKAUF DURCH SPACEX DRÜCKT BITCOIN

Angesichts der China-Sorgen steuerten die Ölpreise auf ein Ende ihrer siebenwöchigen Gewinnsträhne zu. Die Nordsee-Rohölsorte Brent und die leichte US-Sorte WTI notierten jeweils 0,9 im Minus bei 83,37 und 79,63 Dollar pro Barrel (159 Liter). Damit waren sie jeweils vier Prozent billiger als zum Vorwochenschluss.

Auch die Hoffnung auf ein baldiges Ende der geldpolitischen Straffung der US-Notenbank Fed flaute in den letzten Tagen ab. Das hatte die Anleiherenditen zuletzt hochgetrieben. Ein Bericht des “Wall Street Journal”, demzufolge Elon Musks Weltraumfirma SpaceX ihre gesamten Bitcoin-Bestände verkauft hat, setzte unterdessen die wichtigste Kryptowährung stark unter Druck. Die Cyber-Devise verbilligte sich um fünf Prozent auf 26.280 Dollar. Am Abend zuvor war sie zeitweise um mehr als zehn Prozent abgestürzt. Im Minus lagen auch andere Kryptowährungen. Der Bitcoin-Rivale Ethereum gab knapp zwei Prozent auf 1685 Dollar nach. Der kleinere Ripple rutschte um knapp zwölf Prozent auf 0,50 Dollar ab.

CHINA-SORGEN LASTEN AUF LUXUSWERTEN – SUSE IM STEIGFLUG

Die Aktien der auf China ausgerichteten Luxus-Konzerne LVMH, Kering und Hermes fielen wegen Spekulationen auf eine schwächere Nachfrage im Reich der Mitte um bis zu 2,2 Prozent. Der ebenfalls in China engagierte europäische Bergbausektor büßte 1,8 Prozent ein.

Im Rampenlicht bei den deutschen Einzelwerten standen Suse. Die Titel der Linux-Softwarefirma sprangen um knapp 60 Prozent auf 15,35 Euro. Der schwedische Finanzinvestor EQT will die Nürnberger gut zwei Jahre nach ihrem Börsengang wieder von der Börse nehmen und kündigte ein Übernahmeangebot an die übrigen Aktionäre über 16 Euro je Aktie an. Damit wird Suse mit 2,72 Milliarden Euro bewertet.

In Amsterdam weiteten Adyen ihre Verluste vom Vortag aus. Die Aktie des niederländischen Zahlungsabwicklers verlor gut fünf Prozent. Am Donnerstag waren sie nach einem Gewinneinbruch um knapp 40 Prozent auf ein Drei-Jahres-Tief abgestürzt.

(Bericht von Anika Ross, Zuzanna Szymanska, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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