EU moniert Greenwashing bei Lufthansa und Air France-KLM

Brüssel/Frankfurt (Reuters) – Fast alle Airlines der Lufthansa-Gruppe und andere Anbieter wie Air France-KLM und Ryanair müssen sich gegenüber der EU-Kommission für womöglich beschönigende Werbeaussagen zu Klimaschutz rechtfertigen.

Die EU hatte am Dienstag erklärt, in Koordination mit dem europäischen Verbraucherschutz-Netzwerk BEUC seien 20 Airlines wegen potenziell irreführender Umwelt-Werbeaussagen (“Greenwashing”) ermahnt worden. Unter den Adressaten seien die Lufthansa und ihre Töchter Austrian Airlines, Brussels Airlines, Air Dolomiti, Eurowings und Swiss, erklärte die Lufthansa am Donnerstag. “Selbstverständlich befassen wir uns mit jeder Beschwerde, die uns zugeht, und prüfen diese sorgfältig.”

Die Behörde nannte die Firmen wegen des laufenden Verfahrens nicht. BEUC listete die Fluglinien, gegen die sie im Juni Beschwerde eingelegt hatte, auf: Dazu gehören noch der Billigflieger Wizz Air, die skandinavischen Anbieter Finnair, Norwegian und SAS sowie Air Baltic, die portugiesische TAP, Volotea und die IAG-Tochter Vueling aus Spanien. Die Verbraucherschützer forderten die Unternehmen auf, sich an Vorschriften zu halten.

Die EU-Kommission wird wegen Beschwerden von Verbraucherschützern tätig, bei denen es zum Beispiel um Tickettarife geht, mit denen die Kunden einen finanziellen Beitrag zum Kauf nachhaltigen Kraftstoffs (SAF) oder zu Klimaschutzprojekten leisten können, um die CO2-Belastung ihres Fluges auszugleichen. Etliche Fluggesellschaften lassen wie die Lufthansa mit den “Green Fares” auf diese Weise Passagiere für Klimaschutz direkt bezahlen. Mehr und mehr Firmen nutzen die Tarife bei Geschäftsreisen als Beitrag zu ihren eigenen CO2-Reduktionszielen.

BEWEISE FÜR “GRÜNES” FLIEGEN

Aber auch generelle Aussagen zu CO2-neutralem Fliegen haben EU und BEUC im Visier als “irreführende Praktiken”, die sie ermittelt hätten. Begriffe wie “grün” oder “nachhaltig” sollen nicht verwendet werden ohne klare, überprüfbare Angaben zur Reduktion von Treibhausgas. Zu beanstanden sei auch das Werben für den Einkauf von SAF, ohne die Umweltauswirkungen des Kraftstoffes genau zu erklären. Die Unternehmen sollen ihre Behauptungen zum Ausgleich von CO2-Emissionen über Ticketpreise wissenschaftlich nachweisen. Die Airlines haben 30 Tage Zeit, sich zu rechtfertigen und Abhilfe zu schaffen. Darüber wird die Kommission erneut mit den Verbraucherschützern beraten und vereinbarte Änderungen überwachen. Sollten die Airlines nichts tun, drohen Sanktionen.

Air France-KLM und die Lufthansa-Gruppe erklärten, sie wollten die Beschwerden sorgfältig prüfen. Die Lufthansa sehe es als ihre Verantwortung, die Umweltauswirkungen des Fliegens zu reduzieren und habe unabhängig validierte CO2-Reduktionsziele, ergänzte das Unternehmen. Ziel ist eine neutrale CO2-Bilanz bis 2050. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) gab vergangene Woche bekannt, dass sie die Lufthansa am Landgericht Köln wegen irreführender CO2-Neutralitätsversprechen verklagt hat. Das selbe Gericht hatte einer Klage der DUH gegen Eurowings stattgegeben, wonach ein geringer Aufpreis auf einen Flug etwa für Waldschutzprojekte nicht CO2-neutral genannt werden darf.

Der Branchenverband Airlines for Europe (A4E) teilte mit, er erkenne die Bedeutung klarer Informationen über Nachhaltigkeit an. Die Lobby merkte an, die derzeitigen Vorschriften in der EU seien von Land zu Land unterschiedlich und entwickelten sich noch weiter.

(Bericht von Charlotte Van Campenhout und Ilona Wissenbach, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)

tagreuters.com2024binary_LYNXMPEK410FC-VIEWIMAGE

Close Bitnami banner
Bitnami