Uniper – Neue Runde im Milliardenstreit mit Gazprom

– von Christoph Steitz und Tom Käckenhoff

Düsseldorf/Frankfurt (Reuters) – Der verstaatlichte Energiekonzern Uniper gerät im milliardenschweren Rechtsstreit mit Gazprom durch eine Gerichtsentscheidung in Russland unter Druck. Am 13. März habe dort ein Gericht eine einstweilige Verfügung erlassen, die Uniper eine Fortsetzung der eingeleiteten Schiedsverfahren gegen den Gazprom untersage, teilte der größte deutsche Gaskonzern am Dienstag in seinem Quartalsbericht mit. Andernfalls müsse Uniper eine Strafe in Milliardenhöhe an Gazprom Export zahlen. Uniper habe gegen die Verfügung in Russland Rechtsmittel eingelegt. Mit dem Rechts-Titel könne Gazprom aber in Russland und möglicherweise auch außerhalb Russlands gegen Uniper-Vermögenswerte vorgehen.

Uniper hatte nach dem russischen Gaslieferstopp 2022 in Stockholm ein milliardenschweres Schiedsgerichtsverfahren gegen Gazprom eingeleitet. Der Düsseldorfer Versorger fordert Schadenersatz, weil Uniper kurzfristig teuren Ersatz für die ausgebliebenen Lieferungen beschaffen musste. Uniper war dadurch an den Rand der Pleite geraten, ehe das Düsseldorfer Unternehmen fast komplett vom Staat übernommen wurde. Insidern zufolge fordert Uniper mehr als 14 Milliarden Euro. Gazprom habe im Gegenzug vor einem Gericht in St. Petersburg Schadenersatzforderungen in der gleichen Höhe wie Uniper eingereicht, sollte Uniper das laufende Schiedsgerichtsverfahren in Stockholm weiter vorantreiben. Uniper erwartet nach eigenen Angaben ein Urteil im Schiedsgerichtsverfahren gegen Gazprom in den kommenden Monaten.

“Auf Basis einer sehr frühen, vorläufigen Einschätzung wird die mögliche Vollstreckung des Titels in Vermögenswerte von Uniper jedoch nicht als bedeutendes Einzelrisiko bewertet”, erklärte Uniper in dem Quartalsbericht.

Gazprom habe eine sogenannte “Anti-Arbitration-Injunction” erwirkt, die aus Unipers Sicht gegen internationales Recht verstoße und somit illegitim sei, erläuterte ein Sprecher. Uniper habe die Erwartung, dass sie von anderen Staaten nicht anerkannt und nicht vollstreckt würde. Sicher ausschließen könne man solche Versuche von russischer Seite nicht. Eine Vollstreckung wäre ohnehin nur in Staaten denkbar, die Russland politisch nahestehen und solche sogenannte Anti-Arbitration-Injunctions anerkennen. “Aktuell sehen wir keine gefährdeten Vermögenswerte außerhalb von Russland.”

Uniper hat seine Russlandgeschäfte inzwischen komplett abgeschrieben, darunter eine Mehrheitsbeteiligung am russischen Kraftwerksbetreiber Unipro.

UNIPER BESTÄTIGT NACH ERSTEM QUARTAL PROGNOSE FÜR 2024

Finanzchefin Jutta Dönges bestätigte, dass Uniper noch bis Mitte der 2030er-Jahre laufende Langfristverträge mit Gazprom habe. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte zuvor darüber berichtet. Die Vereinbarungen ruhten, seien aber rechtlich noch gültig, hatten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen gesagt. Zwar sei es unwahrscheinlich, dass Russland den Gashahn nach Deutschland wieder aufdrehe. Das Restrisiko einer Kaufverpflichtung (Take or Pay) könne Investoren aber abschrecken, in Uniper-Aktien zu investieren, sagten die Insider.

Derzeit laufen die Vorbereitungen, um den Anteil von 99,12 Prozent, den der Bund an Uniper hält, Stück für Stück wieder an die Börse zu bringen. Nach den Auflagen der EU-Kommission muss Uniper bis Ende 2026 eine Reihe von Geschäften abstoßen. Dies muss dem Konzern zufolge nicht vor einer Rückkehr an die Börse geschehen. Uniper stellte am Dienstag auch die Zahlen zum ersten Quartal vor. Das Unternehmen konnte nach Einbußen im operativen Geschäft im ersten Quartal seine Prognose für das Gesamtjahr bestätigen. Von Januar bis Ende März sei das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) auf 885 Millionen Euro nach 991 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum gesunken. Im Gesamtjahr erwartet der Versorger weiter ein bereinigtes Ebitda von 1,5 bis 2,0 Milliarden Euro und einen bereinigten Überschuss von 0,7 bis 1,1 Milliarden Euro.

(Bericht von Tom Käckenhoff, Christoph Steitz; redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

tagreuters.com2024binary_LYNXMPEK460AV-VIEWIMAGE

Close Bitnami banner
Bitnami