Mehrheit der deutschen Industriefirmen für Strafzölle gegen China

Berlin (Reuters) – Eine Mehrheit der deutschen Industrieunternehmen befürwortet Strafzölle auf Elektroautos aus China.

Mehr als 80 Prozent sehen sie als “gerechtfertigt” oder zumindest als “teilweise gerechtfertigt” an – vorausgesetzt, die EU-Kommission komme zu dem Schluss, dass die E-Autos auf unlautere Weise subventioniert werden, wie aus der am Dienstag veröffentlichten Umfrage des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zitiert. Dieses hat rund 800 Firmen aus den Bereichen Industrie und industrienahe Dienstleistungen befragt. Hoch sind auch die Zustimmungsraten für eine mögliche Unterbindung eines sensiblen Technologietransfers, bei dem Hochtechnologie von deutschen Firmen an das chinesische Militär abzufließen droht. Hier halten rund 80 Prozent der Unternehmen Gegenmaßnahmen für gerechtfertigt oder teilweise gerechtfertigt.

Noch in dieser Woche wird eine Entscheidung der EU-Kommission zu Strafzöllen auf Elektroautos aus China erwartet, die die USA bereits beschlossen haben. Spitzenmanager von BMW, Mercedes und Volkswagen haben davor gewarnt, Importzölle auf Fahrzeuge aus China zu erheben. Die deutschen Autohersteller erwirtschaften in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt nach Schätzungen der Analysten der Bank HSBC 20 bis 23 Prozent ihrer Gewinne. Außerdem stammt ein Großteil der Autos, die aus China in die EU importiert werden, von europäischen Herstellern. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich skeptisch. China hat die EU wegen der Anti-Subventions-Untersuchung zwar gerügt, auf Zusammenarbeit gedrungen und bei einzelnen EU-Ländern Lobbyarbeit betrieben. Die Volksrepublik hat die EU aber im Unklaren darüber gelassen, wie sie auf Zölle reagieren würde.

Die Umfrage zeigt zudem, dass niedrige Preise der chinesischen Konkurrenten nicht nur ein Phänomen der Autoindustrie sind. Fast 80 Prozent der rund 350 befragten deutschen Unternehmen mit chinesischen Wettbewerbern gaben an, dass sie bei vergleichbaren Produkten preislich unterboten werden. Mehr als ein Drittel der Firmen berichten sogar, dass die Wettbewerber aus der Volksrepublik ihre Produkte um mehr als 30 Prozent günstiger anbieten.

Als Folge des Konkurrenzdrucks drohen bei sehr vielen Unternehmen ein Verlust an Marktanteilen und Gewinneinbußen. “Ein hoher Anteil der Firmen sieht als Konsequenz auch Produktionskürzungen, Entlassungen und Verlagerungen”, so das IW-Institut. Rund die Hälfte der Industriefirmen mit Konkurrenz aus China plant deswegen Produktionskürzungen und Entlassungen. Fast ein Drittel plant eine Verlagerung ins kostengünstigere Ausland.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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