Deutsche Wirtschaft hofft auf Lösung im E-Auto-Zollstreit

Berlin/Peking (Reuters) – Die deutsche Industrie sieht nach der Aufnahme von Gesprächen zwischen China und der Europäischen Union (EU) über Zusatzzölle auf Elektroauto-Importe aus China einen ersten Schritt zur Vermeidung eines Handelskrieges.

Der Austausch sei ein gutes Zeichen, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, am Montag dem Deutschlandfunk. “Zwangsmaßnahmen sind für die Exportnation Deutschland das Letzte, was wir uns wünschen können.” Die Regierung in Peking dringt nach einem Bericht der chinesischen Zeitung “Global Times” auf ein Kippen der angekündigten Zölle von bis zu 38,1 Prozent bis 4. Juli. Experten bezweifeln allerdings, dass sich das langwierige EU-Anti-Dumping-Verfahren so schnell beenden lässt.

Die Zölle von zusätzlich bis zu 38,1 Prozent sollen ab 4. Juli erhoben werden. Die EU-Kommission will ihre Überprüfung bis 2. November fortsetzen und dann endgültige Sätze festlegen, üblicherweise für fünf Jahre. Die Kommission hatte den Schritt mit Wettbewerbsverzerrungen durch staatliche Subventionen Chinas begründet, welche die Autoindustrie Europas bedrohten. In den Streit über geplante europäische Importzölle für chinesische Elektroautos ist am Wochenende Bewegung gekommen: Beide Seiten wollen darüber Gespräche aufnehmen, wie das Handelsministerium in Peking und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck während seines Besuchs in Shanghai mitteilten.

BDI-Chef Russwurm ergänzte, es gehe darum, eine Balance zu halten. Auf der einen Seite müssten Wettbewerbsverstöße klar sanktioniert werden, auf der anderen Seite müsse Deutschland auch Anwalt von offenem Handel bleiben. “Viele Länder auf der Welt gibt es nicht, die 40 Prozent ihres Geschäftes im Export machen”, sagte Russwurm. Diese Balance zu wahren, sei auch Aufgabe der EU insgesamt. “Die 27 EU-Länder haben da unterschiedliche Schwerpunkte”, sagte der Lobbyist. Umso wichtiger sei es, dass die Bundesregierung auch klarmache: “Die größte Volkswirtschaft in der EU, die kann nicht über die Kante fallen.” Das sei im Interesse der gesamten EU.

ZOLLVERHANDLUNGEN SEHR UMFANGREICH

China forderte die EU wiederholt auf, von dem Plan der Europäischen Kommission abzurücken. Die chinesische Regierung bekundete Verhandlungsbereitschaft und drohte zugleich mit Vergeltungsmaßnahmen. So hat die stark von China abhängige deutsche Autoindustrie höhere Zölle auf ihre Exporte von Autos mit Verbrennungsmotoren nach China zu befürchten. Gleichzeitig importieren die westlichen Autobauer selbst E-Autos aus China, auf die ebenfalls die höheren Zölle der EU erhoben würden.

Die EU-Kommission, Analysten und europäische Handelslobbys betonten, die Gespräche über die umfangreiche EU-Antidumping-Untersuchungen seien ein gewaltiges Unterfangen. China müsste zu großen Zugeständnissen bereit sein. EU-Diplomaten hatten erklärt, es seien Subventionen in vielfältiger Weise über die gesamte Lieferkette der E-Autoproduktion gefunden worden. Die Zölle könnten nur vermieden werden, wenn China die staatliche Förderung komplett streiche. Die EU-Kommission betonte am Montag, jedes Verhandlungsergebnis müsste wirksam den festgestellten schädlichen Subventionen begegnen.

Die Handelsexpertin Alicia Garcia Herrero von der EU-Denkfabrik Bruegel bezweifelt, dass die EU den Zollplan kurz vor der Wahl in Frankreich fallenlässt. “Die Kommission kann eine Entscheidung nicht ändern, über die sie monatelang nachgedacht hat”, fügte sie hinzu. “Ja, China übt Druck auf die Mitgliedsstaaten aus, aber diese müssten mit qualifizierter Mehrheit gegen die Kommission stimmen.” Auch Maximilian Butek, Geschäftsführer der Deutschen Handelskammer in China, sieht “keine Chance”, dass die vorläufigen Zölle bis zum 4. Juli aufgehoben würden, sofern China nicht alle von der Europäischen Kommission aufgezeigten Mängel beseitige.

(Bericht von Rene Wagner, Joe Cash, Ryan Woo, geschrieben von Ilona Wissenbach, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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