Bank Bär holt neuen Konzernchef von Goldman Sachs

Zürich (Reuters) – Nach einer monatelangen Suche hat die Schweizer Privatbank Julius Bär ihren neuen Chef in den Reihen von Goldman Sachs gefunden.

Mit Stefan Bollinger will das Zürcher Institut den Reputationsschaden rund um Kredite an die zusammengebrochene Signa von Rene Benko hinter sich lassen und das Wachstum wieder ankurbeln. Der 50-jährige Schweizer ist derzeit Co-Chef des Geschäfts mit vermögenden Privatkunden in der Region Europa, Naher Osten und Afrika bei der US-Investmentbank in London und hat dort die verwalteten Vermögen innerhalb von fünf Jahren mehr als verdoppelt. Bollinger übernimmt seinen neuen Job spätestens um 1. Februar 2025.

“Unter der Leitung von Stefan Bollinger werden wir Julius Bär als führende Pure-Play-Privatbank bereit für die Zukunft machen und die besten Bedingungen für nachhaltiges Wachstum schaffen”, erklärte Verwaltungsratspräsident Romeo Lacher. Bollinger habe auch den Auftrag, ein modernes Risikomanagement sicherzustellen.

Bär blickt auf turbulente Monate zurück. Nach hohen Signa-Kreditverlusten und einer Halbierung des Jahresgewinns musste Konzernchef Philipp Rickenbacher Anfang Februar seinen Hut nehmen. Vorübergehend übernahm der stellvertretende CEO Nic Dreckmann die Geschäfte.

Bär suchte ausschließlich außerhalb der Firma nach einem neuen Konzernchef. Bei Goldman Sachs wurde der Verwaltungsrat fündig. Der Partner des Wall-Street-Hauses habe drei Jahrzehnte Erfahrung im Bankgeschäft und an den Finanzmärkten. Seit seinem Start bei Goldman Sachs im Jahr 2004 habe er in den Bereichen Handel, Strukturierung, Sales, Treasury und in der Vermögensverwaltung Führungspositionen bekleidet. Während seiner Karriere habe Bollinger in Hongkong, London, Luxemburg, New York und Zürich gearbeitet. Begonnen hat er seine Laufbahn mit einer Lehre bei der Zürcher Kantonalbank in Winterthur.

ZUSAMMENSCHLUSS MIT EFG NICHT VÖLLIG VOM TISCH

Im Gegensatz zu seinen Vorgängern bei Bär hat Bollinger viel Erfahrung im direkten Kontakt mit Kunden. “Stefan hat ein super Netzwerk, er ist in der Welt der Vermögenden zu Hause”, sagt ein Bekannter. Trotzdem sei er nicht abgehoben und könne die eigenen Mitarbeiter motivieren.

Die Anleger reagierten verhalten positiv auf die Ernennung, an der Börse verteuerten sich die Aktien um 0,5 Prozent. Mit der Ankündigung werde ein Element der Unsicherheit beseitigt, erklärte Thomas Hallett, Analyst bei Keefe, Bruyette & Woods. Auf der anderen Seite habe Bollinger keine Erfahrung in der Leitung eines großen, börsennotierten Unternehmens. Citi-Analyst Nicholas Hermann geht zudem davon aus, dass sich Bollinger frühestens in zehn oder zwölf Monaten zur Strategie äußern dürfte. An der Ausrichtung auf reiche und superreiche Privatkunden will das Geldhaus früheren Angaben zufolge nicht rütteln.

Citi-Analyst Hermann warf die Frage auf, ob Bollinger das Geschäft mit Kunden mit Vermögen von mindestens 30 Millionen Franken ausbauen wird. Bei Goldman waren solche Superreichen sein Hauptkundensegment. Als CEO, der von außen kommt, dürfte Bollinger bei Bär in der Firma selbst einiges auf den Prüfstand stellen. So blähte Rickenbacher die Geschäftsleitung auf Anfang 2024 auf 15 Personen auf.

Der neue Mann dürfte auch um ein entspannteres Verhältnis mit den Regulatoren bemüht sein. So hatte die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma Insidern zufolge Bedenken geäußert bezüglich eines angedachten Zusammenschlusses mit EFG International. Ein Grund sei, dass die Behörde immer noch dabei sei, die Risikokontrollen von Bär zu überprüfen, nachdem die Bank in den Signa-Strudel geraten war. Bär hatte einen Zusammenschluss mit dem kleineren Rivalen ausgelotet, auch um die eigene Nachfolgefrage zu lösen. So wäre EFG-CEO Giorgio Pradelli zum Chef des fusionierten Instituts ernannt worden wäre. Ein Zusammenschluss sei nicht völlig vom Tisch, erklärte Vontobel-Analyst Andreas Venditti. “Aber solange Bollinger nicht gestartet ist und bevor er sich nicht eingearbeitet hat, wird nichts passieren.”

(Bericht von Oliver Hirt; Mitarbeit John Revill, Dave Graham und Stefania Spezzati. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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