Zürich (Reuters) – Nach dem Signa-Debakel kommt der Schweizer Vermögensverwalter Julius Bär nicht richtig in Schwung.
Reiche Privatkunden vertrauten dem Schweizer Institut im ersten Halbjahr nur wenig neues Geld an. Zudem schnitt Bär mit einem Gewinnrückgang von 15 Prozent auf 452 Millionen Franken schlechter als erwartet ab. Ins Gewicht fiel dabei vor allem die Halbierung der Netto-Zinseinnahmen. Belastend wirkte, dass Bär den Kunden deutlich höhere Zinsen zahlen musste, um sie bei der Stange zu halten. “Der Wettbewerb um Einlagen hat sich generell verschärft”, erklärte Finanzchefin Evie Kostakis am Donnerstag. Es zeichne sich aber ab, dass der Wettbewerb wieder nachlasse.
Im ersten Halbjahr sammelte das Institut 3,7 Milliarden Franken bei reichen Privatkunden ein. Auf das Jahr hochgerechnet entsprach dies einer Wachstumsrate von 1,7 Prozent nach 3,3 Prozent in der Vorjahresperiode. Der Rivale EFG International hatte am Vortag eine Neugeldrate von 7,3 Prozent sowie einen Rekordgewinn gemeldet. Nach Abflüssen im Januar konnte Bär das Blatt immerhin wenden und danach Neugeld im Volumen von drei Prozent des Bestandes einsammeln. Doch damit sei das Geldhaus nicht richtig zufrieden, sagte Kostakis. Dank der Einstellung von neuen Kundenberatern peile Bär 2025 einen Wert von über vier Prozent an.
NEUER CHEF IM NEUEN JAHR
Bär hatte zu den größten Kreditgebern der pleitegegangenen Immobiliengruppe Signa des österreichischen Investors Rene Benko gehört. Anfang Februar entschied Bär, die Position vollständig abzuschreiben. Konzernchef Philipp Rickenbacher musste als Folge der Affäre den Hut nehmen. Anfang der Woche kündigte Bär an, dass Goldman-Sachs-Manager Stefan Bollinger Anfang 2025 das Steuer bei dem Zürcher Institut übernehmen soll.
“Der neue CEO Stefan Bollinger wird bei Julius Bär viel zu tun haben”, erklärte Vontobel-Analyst Andreas Venditti. Dazu gehöre die Wiederherstellung des Vertrauens in die Gesellschaft. An der Börse brachen Bär-Aktien um zehn Prozent ein. Neben dem Ergebnis waren die Anleger auch enttäuscht, dass Bär trotz dicker Kapitalpolster kein neues Aktienrückkaufprogramm ankündigte. Interims-Chef Nic Dreckmann schloss allerdings nicht aus, dass sich der Verwaltungsrat noch vor Jahresende für Rückkäufe entscheiden könnte. Er hoffe zudem, dass die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma die Untersuchung zu den Geschäften mit Signa im laufenden Halbjahr abschließe. Die für 2025 geltenden Finanzziele, die Bär im Halbjahr teilweise klar verfehlte, gelten Dreckmann zufolge weiter. Gleichzeitig verschärfte Bär die Sparanstrengungen und peilt bis Ende 2024 nun eine Senkung der Kosten um 140 Millionen Franken statt zuvor 130 Millionen an.
(Bericht von Oliver Hirt, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)