Österreichs Raiffeisen Bank legt stärker zu als gedacht

Wien (Reuters) – Die wegen ihres Russland-Geschäfts unter Druck stehende Raiffeisen Bank International (RBI) hat im zweiten Quartal stärker zugelegt als erwartet.

Unter dem Strich stieg das Ergebnis vor allem dank niedrigerer Vorsorgen für faule Kredite um 14 Prozent auf 661 Millionen Euro, wie das österreichische Institut am Dienstag mitteilte. Analysten hatten im Schnitt mit einem Nettogewinn von 523 Millionen Euro gerechnet. Mehr als die Hälfte des Konzernergebnisses trägt nach wie vor die russische Tochter bei, die zuletzt die Zahl ihrer Kunden auf 3,3 Millionen von bisher 3,2 Millionen steigerte.

Neuigkeiten zu dem seit über zwei Jahren angekündigten Rückzug aus Russland gab es keine. Die RBI, vor der italienischen UniCredit die größte westliche Bank in Russland, arbeite weiterhin an einer Abspaltung oder einem Verkauf ihrer russischen Tochter, hieß es. Für beide Varianten seien zahlreiche regulatorische Genehmigungen, vor allem aus Russland, notwendig. Einen Zeitplan nannte die RBI nicht.

Die Bank erklärte, sie reduziere ihre Aktivitäten in Russland: Seit Kriegsbeginn sei das Kreditgeschäft um fast 60 Prozent zurückgefahren und auch das Zahlungsverkehrsgeschäft erheblich eingeschränkt worden. Die Zahl der Mitarbeiter sank um 182 Personen auf 9715. Von der Raiffeisenbank Russland würden zudem Maßnahmen gesetzt, die Kundeneinlagen weiter zu senken. In Übereinstimmung mit den Vorgaben der Europäischen Zentralbank (EZB) werde die RBI das Geschäft nochmals sehr stark reduzieren, hieß es. Details nannte die Bank nicht. Erste Konsequenzen für die Kunden, wie etwa Einschränkungen im Zahlungsverkehr, seien bereits sichtbar und weitere Schritte würden folgen, hieß es.

EZB MACHT DRUCK

Der EZB ist das Russland-Geschäft der europäischen Geldhäuser zunehmend ein Dorn im Auge. Sie forderte die RBI sowie die UniCredit auf, die Aktivitäten in dem Land bis 2026 kräftig zu reduzieren. Die RBI erklärte darauf, dass die Forderung der EZB weit über die eigenen Pläne zur weiteren Reduzierung des Russlandgeschäfts hinausgehe und sich negativ auf Optionen zum Verkauf der Sparte auswirken könnte.

Die Risikokosten schrumpften um über 80 Prozent auf 48 Millionen Euro. Für das Gesamtjahr hat die Bank die Prognose für die Vorsorgen gesenkt. Da das Russland-Geschäft zurückgefahren werde, gibt es keinen Ausblick für den gesamten Konzern. Ohne Russland und Belarus werde im Gesamtjahr ein Zinsüberschuss von rund 4,1 Milliarden Euro erwartet. Im ersten Halbjahr stieg der Zinsüberschuss inklusive der beiden Länder um 5,3 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro. Der Provisionsüberschuss werde 2024 bei rund 1,8 Milliarden Euro erwartet. Im ersten Halbjahr sank der Provisionsüberschuss um 18,1 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro, was auf die Geschäftsreduktion in Russland zurückzuführen sei.

Belastet worden sei das Ergebnis vom laufenden Rechtsstreit in Polen über Franken-Kredite in Höhe von 404 Millionen Euro. Die RBI hatte wie andere Banken vor der Finanzkrise auf Schweizer Franken lautende Kredite an polnische Häuslebauer vergeben. Das schien damals wegen der niedrigen Zinsen ein gutes Geschäft. Doch der Franken hat in der Folge im Vergleich zum Zloty massiv an Wert gewonnen. Das trieb die Kosten für polnische Kreditnehmer nach oben. Tausende Polen klagen nun, um aus den teuren Krediten herauszukommen.

(Bericht von Alexandra Schwarz-Goerlich. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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