Airbus spart gegen Probleme in Satelliten-Sparte an

München/Paris (Reuters) – Abschreibungen von fast einer Milliarde Euro auf das Satelliten-Geschäft und der teure Hochlauf der Flugzeugproduktion haben Airbus einen Gewinneinbruch eingebrockt.

Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) des deutsch-französischen Flugzeugbauers halbierte sich im ersten Halbjahr fast auf 1,39 (2023: 2,62) Milliarden Euro, wie Airbus in Toulouse mitteilte. Der Umsatz stieg um vier Prozent auf 28,8 Milliarden Euro. Beide Kennzahlen übertrafen aber die Erwartungen von Analysten. “Zweites Quartal besser als befürchtet”, schrieben die Analysten von Jefferies. Das trieb die Airbus-Aktie am Mittwoch in Frankfurt um 5,2 Prozent auf 140,54 Euro.

Vorstandschef Guillaume Faury will nun den Umbau der Satelliten-Sparte Space Systems angehen – von Sanierung über Kooperationen bis zu Käufen und Verkäufen sei nichts ausgeschlossen, machte er deutlich. Beginnen will er mit einem Sparprogramm im gesamten Raumfahrt-Geschäft, bis September soll Airbus dann konkrete Maßnahmen vorstellen. Laut Branchenkreisen geht es zunächst um die Kürzung aller Budgets um zwei Prozent. Gespart werden soll auch im Kerngeschäft mit Verkehrsflugzeugen. Die IG Metall befürchtet aber tiefergehende Einschnitte: “Jetzt pauschal den Rotstfit anzusetzen und Zukunftsprogramme kaputtzusparen (…), könnte für Airbus mittelfristig deutlich negativere Auswirkungen haben”, warnte der Zweite Vorsitzende Jürgen Kerner.

“Wir haben gesagt, dass wir alle Optionen prüfen. Und alle heißt alle”, sagte Faury auf die Frage nach einer Trennung von der Satelliten-Sparte. Auch eine Kombination von Maßnahmen sei möglich. Konkrete Gespräche gibt es mit der französischen Thales und der italienischen Leonardo, wie Leonardo-Chef Roberto Cingolani sagte. Das Trio spreche “sehr konstruktiv” darüber, wie man Europa in der Raumfahrt stärken könne – und das sei nötig, um gegenüber den USA oder China wettbewerbsfähig zu sein. Airbus Space Systems steht unter dem Druck neuer Anbieter wie SpaceX von Elon Musk, die Satelliten günstiger in die Atmosphäre bringen.

IG-Metall-Funktionär Kerner forderte Faury auf, das Gespräch mit der Bundesregierung zu suchen. “Dort gibt es mit Sicherheit klare Erwartungen an ihn.” Europa brauche eigene Fähigkeiten, um Satelliten ins All zu bringen.

FAST EINE MILLIARDE EURO ABGESCHRIEBEN

Airbus hat in den ersten sechs Monaten 989 Millionen Euro in der Raumfahrt-Sparte abgeschrieben, zu der auch das Satelliten-Geschäft gehört. Laut Branchenkreisen geht es vor allem um das “OneSat”-Projekt und das Egnos-System, das Navigations-Signale genauer machen soll. Bereits in der Bilanz für 2023 hatte Airbus rund 600 Millionen Euro für die Sparte zurückgestellt. “Ich werde meine Augen nicht davon abwenden, ehe das gelöst ist”, sagte Faury.

Im florierenden Kerngeschäft mit Verkehrsflugzeugen gehe es darum, den Hochlauf der Produktion vorzubereiten und zugleich die Herausforderungen in der Lieferkette zu meistern. Wegen der Verzögerungen bei Zulieferern von Triebwerken, Kabinenteilen und anderen Komponenten hatte Faury bereits Ende Juni die Gewinn- und Absatzerwartungen zurückgeschraubt. Airbus erwartet seither für 2024 nur noch die Auslieferung von 770 Flugzeugen, rund 30 weniger als gedacht. Von Januar bis Juni wurden 323 (316) Verkehrsflugzeuge an die Kunden übergeben, sieben mehr als ein Jahr zuvor. Im Juni hatte sich die Zuliefer-Situation aber noch verschärft.

Man sei von Lieferausfällen bei CFM, den Lieferanten der “Leap”-Triebwerke, kalt erwischt worden, sagte Faury. CFM ist ein Gemeinschaftsunternehmen von GE und der französischen Safran. Schon vorher hatte der Rivale Pratt & Whitney Probleme mit seinen GTF-Triebwerken eingeräumt, an deren Bau auch die Münchner MTU beteiligt ist.

Neuer Ärger droht Airbus unterdessen aus Großbritannien. Wie aus dem Zwischenbericht hervorgeht, läuft dort eine Untersuchung der Zollbehörde HMRC gegen den Flugzeugbauer wegen möglicher Verstöße gegen Exportvorschriften. Laut Airbus war der Verdacht bei einer Überprüfung der Behörde vor zwei Jahren aufgetreten. Ein HMRC-Sprecher wollte sich dazu unter Verweis auf das laufende Verfahren nicht äußern. In den USA hatten die Behörden ein ähnliches Verfahren vor neun Monaten eingestellt. Die beiden Fälle hätten aber nichts miteinander zu tun, sagte ein Insider.

(Bericht von Alexander Hübner und Tim Hepher, redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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