Stahl-Betriebsrat an Thyssen-Chef – “Methode Brechstange” muss enden

Düsseldorf (Reuters) – Im Konflikt um die Zukunft der Stahltochter Thyssenkrupps hat der Betriebsrat Konzernchef Miguel Lopez eindringlich zu einer Versachlichung der Debatte aufgerufen.

“Es geht um die Zukunft des größten deutschen Stahlproduzenten, es geht um die Zukunft von zehntausenden Arbeitsplätzen in der ganzen Region und eine sichere Perspektive für über 27.000 Familien”, appellierte der Gesamtbetriebsratschef der Stahl-Tochter, Tekin Nasikkol, am Freitag an Lopez. “Herr Lopez muss sofort damit aufhören, den Stahlvorstand öffentlich zu beschädigen und weiter Druck auszuüben”, forderte er: “Die Stahlkompetenz liegt in Duisburg und nicht in Essen.” In Essen befindet sich die Konzernzentrale von Thyssenkrupp, in Duisburg sitzt die Stahl-Tochter. Die Konzernzentrale agiere “nicht mehr sachorientiert, und will den Stahl so billig wie möglich loswerden”. Lopez müsse sich einer “konstruktiven Diskussion stellen”.

Der Aufsichtsrat der Stahltochter, in dem auch Lopez sitzt, hatte in seiner vergangenen Sitzung keine Einigung über den Finanzbedarf von Steel Europe erzielt. Der Stahlvorstand sehe einen zusätzlichen Finanzierungsbedarf in Höhe von 1,3 Milliarden Euro über die bislang zugesagten Hilfen hinaus, hatte Stahl-Aufsichtsratschef Sigmar Gabriel berichtet. Ein Gutachten solle für Klarheit sorgen. Es könne aber bis Ende des Jahres dauern, bis dieses vorliege.

Lopez hatte seinerseits in einem Statement den Stahlvorstand mit Stahlchef Bernhard Osburg an der Spitze ins Visier genommen. “Was wir jetzt brauchen, ist ein nüchterner, realistischer Blick in die Zukunft ohne Hoffnungswerte und ohne Schönfärberei”, forderte der Manager. Der Vorstand von Steel Europe müsse endlich einen langfristig tragfähigen, soliden und finanzierbaren Businessplan für die Neuausrichtung des Stahlbereichs vorlegen. Der Finanzierungsbedarf von Steel Europe für die nächsten 24 Monate werde durch die Thyssenkrupp AG gesichert. Lopez strebt für das Stahlgeschäft ein 50:50-Joint-Venture mit der Energieholding des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky an. Dieser hält bereits 20 Prozent der Anteile. Er hatte an der Sitzung des Aufsichtsrats teilgenommen.

Die Verunsicherung in der Belegschaft werde täglich größer, beklagte Nasikkol. “Die Methode Lopez mit der Brechstange ist falsch und gefährlich”, erklärte der Gesamtbetriebsratschef. Eine “verantwortungsvolle und sachliche Debatte” werde von der Konzernzentrale nicht mehr geführt. Dabei stehe aber viel zu viel auf dem Spiel.

(Bericht von Matthias Inverardi, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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