Wissing will Schienenmaut für Bahnen dämpfen

Berlin (Reuters) – Bundesverkehrsminister Volker Wissing will die geplanten massiven Preiserhöhungen für die Nutzung der Schienenwege dämpfen.

Man werde dafür die vorgeschriebene Verzinsung des Eigenkapitals der Bahn-Netztochter DB Infrago massiv senken, sagte ein Sprecher des Ministeriums am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Statt 5,9 Prozent sollten es künftig nur noch rund zwei Prozent des Eigenkapitals sein, die Infrago einnehmen müsse.

Hintergrund ist, dass im Rahmen der Haushaltseinigung die DB Infrago statt Zuschüssen eine Eigenkapitalerhöhung von 4,5 Milliarden Euro erhalten soll. Das Eigenkapital muss aber laut Gesetz verzinst werden. Bisher wurde ein Satz von 5,9 Prozent für DB Infrago gebilligt. Um diese Verzinsung zu erwirtschaften, müssen dann auch die Trassengebühren entsprechend steigen. Die Trassenpreise gelten als wichtiges Instrument, das über die Konkurrenzfähigkeit der Bahn gegenüber dem Lkw entscheidet. Erklärtes Ziel der Regierung ist es, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern.

DB Infrago hatte am Montagabend angekündigt, die Preise für die Nutzung ihrer Trassen ab 2026 im Schnitt um fast 20 Prozent erhöhen zu müssen. Damit drohen den Bahn-Kunden etwa in IC und ICE aber auch im Güterverkehr deutliche Preissteigerungen. So soll die Schienenmaut für den Regionalverkehr um 23,5 Prozent teurer werden, der Fernverkehr um gut zehn Prozent und der Güterverkehr müsste knapp 15 Prozent mehr zahlen. Einen gewissen Ausgleich sollen die im Haushalt verankerten Zuschüsse für Güterbahnen und Fernverkehr von rund 380 Millionen Euro leisten.

BAHN-VERBAND SPRICHT VON RICHTIGEM SCHRITT

Die “Güterbahnen”, der Verband der Wettbewerber der Deutschen Bahn in dieser Sparte, sprach von einem richtigen Schritt: “Endlich reagiert das für das Eisenbahnrecht federführende Ministerium auf die immer stärker steigenden Trassenpreise, die den Eisenbahnverkehr drastisch verteuern und die Kunden auf die Straße treiben”, sagte Geschäftsführer Peter Westenberger. Die Preiserhöhungen würden trotzdem noch viel zu hoch ausfallen. Der Bundestag müsse die Verbindung von Eigenkapital und Gewinnanspruch insgesamt kappen.

Vor allem durch die Eigenkapitalerhöhungen würde die DB Infrago 2026 laut eigenen Angaben über die Schienenmaut 1,2 Milliarden Euro zusätzlich im Vergleich zu 2025einnehmen, wobei auch ein Inflationsausgleich von 300 Millionen Euro eingerechnet ist. Sollte der Bund den Verzinsungssatz auf rund zwei Prozent senken, würden auf der anderen Seite aber wieder Einnahmen von Hunderten Millionen Euro fehlen. Das Dilemma ist dem Verkehrsministerium bewusst: “Das Ministerium wird zeitnah einen konkreten Fahrplan vorlegen, wie wir gemeinsam mit der Branche und den Bundesländern den Finanzierungsmechanismus der Schieneninfrastruktur in Deutschland zukunftssicher machen können”, sagte ein Sprecher.

STREITPUNKT REGIONALVERKEHR

Von den Bahn-Plänen besonders getroffen wäre der Regionalverkehr, der von den Ländern mit Hilfe von Bundesmitteln bezahlt wird. Er war bisher eigentlich von hohen Steigerungen der Schienenmaut ausgenommen. Diese dürfen gesetzlich nur so stark steigen, wie die Bundesmittel erhöht werden. Ein Plus von 23,5 Prozent dürfte daher bei der Bundesnetzagentur auf Widerstand stoßen. Sie muss die Preiserhöhungen auf Basis der Eigenkapitalverzinsung genehmigen.

Die Bundesländer sind ohnehin empört: Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) warnte in der “Süddeutschen Zeitung” vor “erheblichen Problemen” und forderte den Bund auf, die Mehrkosten zu übernehmen. Der Verband der Verkehrsunternehmen (VDV) nannte die Belastungsgrenze für die Bahnen bereits erreicht. “Die jetzige Entscheidung ist ein schwerer Fehler”, sagte VDV-Vize-Präsident Joachim Berends.

(Bericht von Markus Wacket, redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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