Düsseldorf (Reuters) – Der Konflikt um die Zukunft der Stahltochter Thyssenkrupps spitzt sich vor einer erneuten Sitzung des Aufsichtsrats zu.
“Wir müssen uns wehren und (Thyssenkrupp-Chef Miguel) Lopez stoppen – jetzt”, heißt es in einem Schreiben der Gewerkschaft IG Metall. Lopez fordere einen noch schärferen Sparkurs für die Stahltochter, der zur Schließung von mehreren Standorten führen werde. “Stahl würde halbiert. Ein Horror”, heißt es weiter. Bei einer Aufsichtsratssitzung von Thyssenkrupp Steel kommende Woche Donnerstag werde es erneut ums Geld gehen.
Eine Planungsvorgabe für die Stahltochter vonseiten des Konzerns gebe es nicht, erklärte dagegen Thyssenkrupp. In dem vom Stahlvorstand vorgelegten Businessplan sei eine Reduzierung der Produktionskapazität von 11,5 auf 9,5 Millionen Tonnen pro Jahr vorgesehen. Aktuell seien deshalb “alle Mutmaßungen über möglicherweise betroffene Aggregate und Standorte (..) Spekulation”, hieß es weiter: “So werden unnötigerweise Ängste und Befürchtungen bei unseren Mitarbeitenden geschürt.”
Der Betriebsrat werde am Donnerstag mobile Büros vor den Werkstoren einrichten, um Fragen der Belegschaft auch mit Blick auf die Aufsichtsratssitzung am 29. August zu beantworten, erklärten die Arbeitnehmer-Vertreter weiter. “Auch während der Arbeitszeit darf jeder kommen”, sagte Betriebsratschef Ali Güzel: “Wir rechnen mit vielen besorgten Kolleginnen und Kollegen, denn die Aufregung ist groß.” Die Lage sei dramatisch wie nie zuvor.
Der Aufsichtsrat der Stahltochter, in dem auch Lopez sitzt, hatte in seiner vergangenen Sitzung Anfang August keine Einigung über den Finanzbedarf von Steel Europe erzielt. Der Stahlvorstand sehe einen zusätzlichen Finanzierungsbedarf in Höhe von 1,3 Milliarden Euro über die bislang zugesagten Hilfen hinaus, hatte Stahl-Aufsichtsratschef Sigmar Gabriel berichtet. Ein Gutachten solle für Klarheit sorgen. Es könne aber bis Ende des Jahres dauern, bis dieses vorliege. “Zwischen dem, was Lopez uns geben will und dem, was wir und der Stahlvorstand uns vorstellen, liegen Milliarden”, kritisierte die IG Metall nun.
Lopez hatte seinerseits in einem Statement den Stahlvorstand mit Stahlchef Bernhard Osburg an der Spitze ins Visier genommen. “Was wir jetzt brauchen, ist ein nüchterner, realistischer Blick in die Zukunft ohne Hoffnungswerte und ohne Schönfärberei”, forderte der Manager. Der Vorstand von Steel Europe müsse endlich einen langfristig tragfähigen, soliden und finanzierbaren Businessplan für die Neuausrichtung des Stahlbereichs vorlegen. Der Finanzierungsbedarf von Steel Europe für die nächsten 24 Monate werde durch die Thyssenkrupp AG gesichert. Lopez strebt für das Stahlgeschäft ein 50:50-Joint-Venture mit der Energieholding des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky an. Dieser hält bereits 20 Prozent der Anteile. Er hatte an der letzten Sitzung des Aufsichtsrats teilgenommen.
(Bericht von Matthias Inverardi, redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)