EU kappt mit Verlustausgleich den Rettungsanker für DB Cargo

– von Markus Wacket

Berlin (Reuters) – Der Güterverkehr der Deutschen Bahn steht vor dem größten Einschnitt seiner Geschichte und muss schnell profitabel werden.

Auf Druck der EU dürfe der Bahn-Konzern die jahrelangen und milliardenschweren Verluste seiner Fracht-Tochter DB Cargo nicht mehr ausgleichen, bestätigte die Konzerntochter am Donnerstag. Hintergrund ist ein Verfahren wegen Wettbewerbsverzerrung gegenüber anderen Güterbahnen. Hier zeichne sich eine Lösung ab, sagte ein Cargo-Sprecher. “Wesentlich für den Abschluss des Verfahrens wird auch die zeitnahe Beendigung des Gewinnabführungsvertrags sein.” Man arbeite seit Monaten daran, dass DB Cargo künftig profitabel am Markt agieren könne. Von Insidern erfuhr Reuters, damit DB Cargo finanziell auf eigenen Füßen stehen könne, brauche es drastische Einschnitte. Dies werde letztlich auch zu weniger Güterverkehr führen.

Die EU hatte 2022 das Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, es soll nun im Oktober entschieden werden. In langen Verhandlungen mit der Bundesregierung hat es nun erste Ergebnisse gegeben. “Die wirtschaftliche Situation der DB Cargo AG ist derzeit herausfordernd, sofortige Maßnahmen sind unumgänglich”, sagte ein Regierungsvertreter. DB Cargo müsse seine Geschäfte fokussieren. In den letzten Monaten hatte es bereits ein hartes Ringen mit der Gewerkschaft EVG und Betriebsräten um den Sanierungskurs gegeben, bei dem es auch um eine Auslagerung von Tausenden Stellen in Tochterunternehmen geht.

Ein Sprecher des Verkehrsministeriums sagte, Regierung und Bahn seien sich einig, dass die jahrelange Krise von DB Cargo beendet werden müsse. “Daher wurde ein umfassendes Transformationsprogramm aufgesetzt, das es nun auch mit Blick auf das Beihilfeverfahren konsequent umzusetzen gilt, um eine rechtssichere Zukunft für die DB Cargo AG zu gewährleisten.” Die EU-Kommission erklärte, man sei kurz vor einer Vereinbarung mit Deutschland. Bis zur endgültigen Entscheidung gebe man keine Einzelheiten bekannt.

GÜTERBAHN CHRONISCH TIEF IN DEN ROTEN ZAHLEN

Die Frachtsparte der Bahn kämpft seit Jahren mit hohen Verlusten und verliert stetig Marktanteil. Im vergangenen Jahr machte DB Cargo einen Betriebsverlust von einer halben Milliarde Euro, im ersten Halbjahr 2024 waren es erneut über 250 Millionen Euro. Der frühere Fast-Monopolist steht inzwischen für weniger als die Hälfte des Güterverkehrs auf der Schiene. Das Minus liegt auch nicht an fehlender Nachfrage. Die Militärtransporte für die Ukraine im Auftrag der USA und der Bundeswehr seien beispielsweise lukrativ, sagten Konzernvertreter. Chronische Verluste fährt aber der Einzelwagenverkehr ein, bei dem Züge mit jeweils wenigen Waggons aufwendig zusammengestellt werden müssen. Der Bund förderte dies zwar zuletzt mit fast 300 Millionen Euro im Jahr, für eine Trendwende reicht das nicht.

Dazu kommt der Druck durch höhere Trassenpreise, die Schienenmaut. Im Konzern wird davon ausgegangen, dass der Kurs der letzten Monate eher noch verschärft wird. DB Cargo versucht Insidern zufolge die Preise zu erhöhen und streicht zugleich zahlreiche Fahrten, die als unwirtschaftlich gelten. Damit verlören die Güterbahnen im Kampf mit dem Lkw weiter an Boden. Die politische Vorgabe ist auch aus Klimaschutzgründen, dass die Bahnen einen Marktanteil bei der Fracht von 25 Prozent bis 2030 erreichen sollen. Derzeit liegt er bei rund 18 Prozent und hat sich in den vergangenen Jahren nur geringfügig erhöht. Damit stehen auch die Klimaziele der Bundesregierung infrage. Gerade der Verkehrssektor hängt seinen Vorgaben seit Jahren hinterher.

Bundesregierung und Bahn haben das Beispiel der französischen Staatsbahn SNCF vor Augen: Auch hier machte die Güterbahn stetig Verluste – bis die EU-Kommission entschied, dass sich die Sparte für Investoren öffnen und Teile der Transporte an Konkurrenten abgeben müsse. “Damit ist die Güterbahn faktisch zerschlagen”, sagte ein an den Gesprächen mit der EU-Kommission Beteiligter.

(Redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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