Der Messengerdienst Telegram und sein Gründer Durow

(Reuters) – Wegen mutmaßlich mangelnder Moderation von Inhalten auf Telegram hat die französische Polizei den Gründer und Chef des Messengerdienstes festgenommen.

Nachfolgend einige Fragen und Antworten zu Pawel Durow und dem von ihm gegründeten, umstrittenen WhatsApp-Rivalen:

WER IST PAWEL DUROW?

Der 39-jährige Durow ist gebürtiger Russe und studierte an der Universität St. Petersburg. Er bezeichnet seine politische Einstellung als “libertär” und nennt Steve Jobs, den Mitgründer des Elektronik-Konzerns Apple, als Vorbild. Seinem Unternehmen Telegram zufolge besitzt Durow die Staatsbürgerschaften Frankreichs und der Vereinigten Arabischen Emirate. Die französische Staatsbürgerschaft erhielt Durow 2021 durch ein spezielles Programm, in dessen Rahmen jeder Ausländer, der Französisch spricht und “durch seine hervorragende Arbeit zum Einfluss Frankreichs und zum Gedeihen der internationalen Wirtschaftsbeziehungen beiträgt”, die Staatsbürgerschaft in einem vereinfachten Verfahren erhält. Medienberichten zufolge besitzt Durow außerdem noch Pässe Russlands und des Karibik-Staates St. Kitts und Nevis. Die Nachrichtenagentur Reuters konnte diese Aussagen zunächst nicht verifizieren.

Im Jahr 2014 verlässt der Unternehmer Russland, nachdem er sich geweigert hatte, Oppositionsgruppen von der Internetplattform VKontakte auszuschließen, die er damals leitete und die er inzwischen verkauft hat. In den Folgejahren lebt er in Berlin, London, Singapur und San Francisco, bevor er sich 2017 in Dubai ansiedelt. “Ich bin lieber frei, als von irgendjemandem Befehle anzunehmen”, sagt der auch als “russischer Mark Zuckerberg” bezeichnete Durow in einem TV-Interview. Sein Vermögen wird vom Magazin “Forbes” auf 15,5 Milliarden Dollar geschätzt.

WAS IST TELEGRAM?

Telegram ist eine Plattform, über die Nutzer kostenlos Texte, Bilder und Videos teilen können. Das Unternehmen will 2024 die Marke von einer Milliarde aktiven Nutzern monatlich knacken. Es konkurriert mit anderen Online-Netzwerken wie WhatsApp, Instagram, WeChat oder TikTok.

WELCHE ROLLE SPIELT TELEGRAM?

Telegram ist vor allem in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion populär. Der Dienst gilt als wichtige Quelle für ungefilterte, manchmal irreführende Nachrichten zum Ukraine-Krieg. Sowohl russische als auch ukrainische staatliche Stellen nutzen den Messengerdienst ausgiebig, um Informationen zu verbreiten. Daher gilt Telegram auch als “virtuelles Schlachtfeld”.

Auch andernorts gewinnt die Plattform immer mehr Nutzer. In der Europäischen Union (EU) steht sie kurz davor, als “sehr große Online-Plattform” (Very Large Online Platform, VLOP) eingestuft zu werden. Unter dem Digital Services Act (DSA) müssen sich Firmen dann einer verschärften Regulierung unterwerfen. Sie werden unter anderem dazu verpflichtet, verstärkt gegen Hass und Hetze im Internet vorzugehen. Bei Verstößen drohen Strafen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes.

WARUM STEHT TELEGRAM IN DER KRITIK?

Russland will 2018 den Zugang zu Telegram blockieren, weil sich das Unternehmen weigert, Sicherheitsbehörden den per Gericht verfügten Zugang zu verschlüsselten Nachrichten seiner Nutzer zu gewähren. Dies löst Massenproteste in Moskau aus. Telegram ist in Russland weiter verfügbar.

In einigen europäischen Staaten laufen Ermittlungen unter anderem wegen möglicher Datenschutz-Verstöße und wegen Sicherheitsbedenken. In Spanien hob ein Gericht eine Blockade von Telegram wegen Urheberrechtsverstößen in letzter Minute wieder auf. Kritiker werfen dem Messengerdienst außerdem vor, ungefiltert Hass, Hetze und Verschwörungstheorien zu verbreiten. Letzteres hatte vor allem während der Coronavirus-Pandemie Konjunktur.

(Zusammengestellt von Lidia Kelly und Hakan Ersen; unter Mitarbeit von Camille Raynoud. Redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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