Frankfurt (Reuters) – Die vor einem Ausstieg des Bundes stehende Commerzbank sieht sich von Investoren umworben.
Schon die Entwicklung des Aktienkurses zeige, dass an dem Geldhaus deutlich mehr Interesse bestehe als noch vor drei Jahren, sagte Vize-Chefin Bettina Orlopp am Mittwoch beim “Handelsblatt Banken-Gipfel” in Frankfurt. Sie erwarte, dass das Interesse auch nicht nachlassen werde. “Ein Einstieg in unsere Aktie lohnt sich”, fügte sie hinzu. Der Bund hatte am Dienstagabend erklärt, dass er 16 Jahre nach der Finanzmarktkrise bereit zum Ausstieg aus der Commerzbank sei. Einen ersten Korb erhielt das Frankfurter Geldhaus indes bereits: Der Branchemprimus Deutsche Bank konzentriert sich seinem Chef Christian Sewing zufolge auf das Erreichen seiner Renditeziele und beschäftigt sich nicht mit Übernahmen.
Potenzielle neue Anker-Investoren der Commerzbank müssten sich an das Finanzministerium wenden, sagte Orlopp weiter. Die Managerin unterstrich, der Bund werde sich nicht auf einen Schlag von all seinen Commerzbank-Aktien trennen. Auch bleibe er vorerst im Aufsichtsrat des Frankfurter Geldhauses vertreten. Der angekündigte Anteilsabbau sei für das Institut ein Schritt hin zur Normalität, fügte sie hinzu.
Der Bund könnte sich nun theoretisch über zwei Wege von seinem Anteil in Höhe von 16,49 Prozent trennen, mit dem er der größte einzelne Aktionär der Commerzbank ist. So könnte er die Anteile im Block an einen neuen Ankeraktionär des Geldhauses veräußern. Oder er könnte die Anteile Schritt für Schritt am Markt verkaufen – doch dürfte er ein Verlust-Geschäft machen. Die Commerzbank-Aktie war am Nachmittag mit einem Abschlag von über einem Prozent 12,92 Euro wert. Um den Einstandspreis des Bundes wieder zu erreichen, müssten sie auf rund 26 Euro steigen.
Der Verkauf des Aktienpakets werde “transparent, diskriminierungsfrei und marktschonend erfolgen”, hatte Florian Toncar, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und Vorsitzender des zuständigen Lenkungsausschusses, am Vorabend erklärt. Das genaue Verfahren, das Volumen und auch der Zeitpunkt würden mit Blick auf das Marktumfeld noch festgelegt, erläuterte eine Sprecherin der Finanzagentur, die Kapitalmarktgeschäfte des Bundes tätigt und den Verkauf organisiert.
Der Staat hatte der Commerzbank in der Finanzkrise 2008 und 2009 unter die Arme gegriffen und mit Kapitalhilfen von insgesamt 18,2 Milliarden Euro gerettet. Davon sind laut Finanzagentur bisher 13,15 Milliarden Euro zurückgeführt worden. Das verbliebene Aktienpaket ist nach aktuellen Kursen rund 2,6 Milliarden Euro wert. Der angespannten Haushaltslage hilft der Verkaufserlös nicht – er fließt an den Bankenrettungsfonds Soffin.
Der Wirtschaftsweise Martin Werding begrüßte den Ausstieg, machte sich indes dafür stark, die daraus entstehenden Erlöse für öffentliche Investitionen einzusetzen. “Das wäre die angemessenste Verwendung”, sagte der Wirtschaftsweise Reuters, der als Mitglied des Sachverständigenrates die Bundesregierung berät.
Die Commerzbank hat sich schon länger aus den roten Zahlen befreit und im vergangenen Jahr mit 2,2 Milliarden Euro den höchsten Gewinn seit 15 Jahren ausgewiesen. Bis 2027 soll das Nettoergebnis auf rund 3,4 Milliarden Euro klettern. Vorstandschef Manfred Knof, seit 2021 an der Spitze von Deutschlands zweitgrößter börsennotierter Bank, hat dem Geldhaus eine tiefgreifende Transformation verordnet. Stellen wurden abgebaut und das Filialnetz zusammengestrichen. Damit arbeitet die Bank nun deutlich profitabler.
(Bericht von Emma-Victoria Farr, Rene Wagner, Andreas Rinke, Matthias Inverardi, Maria Martinez, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)