Berlin (Reuters) – Im Ringen um den Kauf der Bahn-Spedition Schenker wirft der dänische Bieter DSV der Gewerkschaft Verdi laut Verhandlungskreisen Fehlinformationen vor.
In einem mehrseitigen Papier der Dänen würden die Berechnungen Verdis in Zweifel gezogen, sagten mit dem Papier Vertraute am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. So werde DSV höchstens 1000 Arbeitsplätze in Deutschland mehr abbauen als der letzte verbliebene Mitkonkurrent, der Finanzinvestor CVC. Fünf Jahre nach einer Übernahme Schenkers, würden in dem zusammengeschlossenen Unternehmen sogar mehr Menschen arbeiten als heute, heiße es im DSV-Papier weiter. Verdi hatte dagegen in vorgerechnet, DSV werde über 5000 Stellen mehr als CVC abbauen.
Der Bieterkampf um Schenker geht derzeit in die heiße Phase. Sowohl DSV und CVC haben nach Angaben aus Verhandlungskreisen jeweils 14 Milliarden Euro geboten. Verdi hatte argumentiert, wenn die Gebote etwa gleich hoch seien, müssten andere Kriterien entscheiden.
Im DSV-Papier wird den Angaben zufolge aber in Zweifel gezogen, ob die Gebote wirklich vergleichbar seien. So habe CVC sein Gebot an die Bedingung geknüpft, dass Schenker seine Planzahlen in diesem Jahr erreiche. CVC wiederum betone in Gesprächen mit der Bahn sein paralleles Gebot: Hier würde CVC zunächst nur 75,1 Prozent an Schenker erwerben. In diesem Fall werde hochgerechnet auf den Gesamtwert sogar 16 Milliarden Euro geboten. Bei einem späteren, geplanten Börsengang von Schenker könne der bisherige Eigentümer dann noch zusätzlich von einem Wertgewinn Schenkers profitieren.
DSV und CVC wollten die Angaben nicht kommentieren. Die Bahn selbst äußert sich grundsätzlich nicht zu Geboten der Schenker-Bewerber. Schenker beschäftigt in Deutschland knapp 15.000 Menschen, weltweit über 70.000.
Mit einer Entscheidung zum Schenker-Verkauf wird in den nächsten Wochen gerechnet. Letztlich werden Spitzen der Ampel das entscheidende Wort sprechen, formal beschließen muss es der Bahn-Aufsichtsrat. In ihm sitzen aber auch Vertreter aller Ampel-Parteien.
Bei Schenker Deutschland ist Verdi die führende Gewerkschaft, von ihr sind aber keine Vertreter im Bahn-Aufsichtsrat. Die Arbeitnehmer dort sind in erster Linie Mitglieder der Gewerkschaft EVG. Laut Mitgliedern tendiert die Gewerkschaftsspitze aber ähnlich wie Verdi zu einem Votum für CVC, sie können aber von den Eigentümervertretern des Bundes überstimmt werden.
Die Bahn will Schenker verkaufen, um sich auf das krisengeschüttelte Kerngeschäft in Deutschland zu konzentrieren und die Schuldenlast von über 30 Milliarden Euro abzubauen. Dies ist wichtig, um die Kreditwürdigkeit zu erhalten. Sonst würden die Zinszahlungen auf die Schulden weiter steigen. Schenker ist jedoch seit langem der wichtigste Gewinnbringer für die Bahn.
(Bericht von Markus Wacket, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)