– von Alexandra Schwarz-Goerlich
Wien (Reuters) – Die österreichische Raiffeisen Bank International (RBI) muss ihre Verkaufspläne für ihre russische Tochterbank auf Eis legen.
Ein russisches Gericht schob dem Vorhaben einen Riegel vor, nachdem die russische Firma Rasperia Trading den Baukonzern Strabag, dessen österreichische Kernaktionäre sowie die russische Raiffeisen-Tochter in Kaliningrad verklagt habe, wie die Strabag am Freitag mitteilte. “Der geforderte Schadenersatz von 1,9 Milliarden Euro soll in Russland bei der Raiffeisenbank lukriert werden, da eine Vollstreckung in Europa aussichtslos sei”, heißt es in einer Mitteilung des Baukonzerns. Rasperia hält 24 Prozent an der Strabag und wird dem mit Sanktionen belegten Oligarchen Oleg Deripaska zugeordnet. Das Aktienpaket ist allerdings wegen der EU-Sanktionen eingefroren, so dass Rasperia keine Dividenden erhält.
Die RBI prüft seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine vor über zwei Jahren Optionen für einen Ausstieg aus Russland. Ein Verkauf ist nicht so leicht, da dafür zahlreiche Genehmigungen aus Russland erforderlich sind und der Käufer nicht sanktioniert sein darf. Im Mai musste die RBI ein Tauschgeschäft aufgeben, mit dem sie einen Teil ihrer Gewinne aus Russland herausholen wollte. Dabei sollten von Rasperia gehaltene Anteile an der Strabag von der russischen RBI-Tochter erworben werden und dann als Sachdividende an den Mutterkonzern fließen. Das Vorhaben wurde schließlich wegen drohender Sanktionsverstöße abgeblasen. Zuletzt geriet die Bank stärker unter Druck der Europäischen Zentralbank (EZB), die auf einen rascheren Rückzug aus Russland pocht. Die RBI kündigte daraufhin an, ihr Geschäft in Abstimmung mit der Aufsichtsbehörde bis 2026 deutlich zu reduzieren.
RUSSISCHES GERICHT VERHÄNGT VERFÜGUNGSBESCHRÄNKUNG
Grund dafür, dass der RBI nun bezüglich eines möglichen Verkaufs ihrer Tochterbank die Hände gebunden sind, ist, dass ein russisches Gericht eine sogenannte Verfügungsbeschränkung für den Handel der Aktien der russischen Raiffeisenbank verhängt habe. Der Verkaufsprozess werde dadurch erschwert und verzögert, erklärte die RBI am Donnerstagabend. Am Freitag stürzten die RBI-Aktien an der Wiener Börse um bis zu sieben Prozent ab. Zuletzt lagen die Papiere sechs Prozent tiefer bei 16,9 Euro.
Nach Angaben der Strabag wirft Rasperia dem Bauunternehmen und seinen Aktionären vor, sich in der EU sanktionskonform zum Nachteil von Rasperia verhalten zu haben. Die Strabag gehört zu 30,7 Prozent der Familie des Firmengründers und früheren Vorstandschefs Hans Peter Haselsteiner. Der Wiener Versicherer Uniqa und der RBI-Aktionär Raiffeisen Holding Niederösterreich-Wien halten zusammen 31,9 Prozent. Die RBI selbst oder ihre russische Tochter halten keine Aktien an der Strabag. Die Uniqa wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern, da sie keine Klage zugestellt bekommen habe, sagte ein Sprecher.
GESCHÄFT IN RUSSLAND LÄUFT WEITER
Während die Strabag nicht mit wirtschaftlichen Auswirkungen auf das Unternehmen rechnet, ist derzeit völlig unklar, was das für die RBI bedeutet. “Die Raiffeisenbank wird in der Klage als mit den anderen Beklagten in Verbindung stehend erwähnt, obwohl ihr kein Fehlverhalten vorgeworfen wird”, teilte die RBI mit. Gegen den Gerichtsentscheid will die Bank nun mit allen Mitteln vorgehen und ihn rückgängig machen.
Auf die operative Geschäftstätigkeit der russischen Tochter habe das Gerichtsurteil aus Russland keinen Einfluss, betonte ein Banksprecher. Auch der Abbau des Geschäfts soll unvermindert fortgesetzt werden. Die RBI erzielte im ersten Halbjahr einen Konzerngewinn von 1,3 Milliarden Euro – die Hälfte steuerte die russische Tochterbank bei. Dividenden bekommt die Konzernmutter in Wien allerdings keine.
(redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)