Frankfurt (Reuters) – Nach dem schwungvollen Wochenstart ziehen die Anleger an den europäischen Aktienmärkten die Köpfe ein.
Der Dax gab am Dienstag um bis zu 0,4 Prozent auf 18.361 Punkte nach. “Nach dem Rutsch um fast 800 Zähler vom Allzeithoch sind die Anleger verunsichert und halten ihr Pulver im saisonal schwachen September eher trocken”, kommentierte Jürgen Molnar, Stratege beim Broker RoboMarkets. Der EuroStoxx50E zeigte sich weitgehend stabil.
Für Gegenwind sorgten unter anderem frische Handelsdaten aus China. Während die Exporte der Volksrepublik im August so schnell zulegten wie seit März 2023 nicht mehr, blieben die Importe aufgrund der schwachen Inlandsnachfrage hinter den Prognosen zurück. “Für die deutsche Wirtschaft sind die neuen chinesischen Handelsdaten keine gute Nachricht”, sagte Thomas Altmann, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter QC Partners. “Denn während China im August mehr Waren nach Deutschland geschickt hat, haben die Chinesen deutlich weniger deutsche Waren gekauft.”
NOTENBANKEN UND INFLATIONSDATEN IM BLICK
Investoren richteten zunehmend ihre Aufmerksamkeit auf den zur Wochenmitte anstehenden US-Inflationsbericht. Es wird erwartet, dass sich die Gesamtinflation in den Vereinigten Staaten im August auf eine Jahresrate von 2,6 Prozent verlangsamt hat und sich damit weiter dem 2-Prozent-Ziel der US-Notenbank nähert. “Wenn die Inflationszahlen anders ausfallen oder erheblich von den Erwartungen abweichen, wird sich auch die Anzahl der eingepreisten Zinssenkungen ändern”, sagte Jun Bei Liu, Portfoliomanagerin bei Tribeca Investment Partners.
Noch größere Bedeutung hätten Hinweise zum Zustand der US-Wirtschaft, konstatierte indes Philip Shaw, Chefvolkswirt von Investec. “Die Märkte befinden sich derzeit im Wesentlichen in Alarmbereitschaft vor einer harten Landung und wir erleben eine Rückkehr zu der Einstellung ‘Gute Nachrichten sind gute Nachrichten’.” Noch vor zwei Wochen hatten die Aktienkurse Rekordhöhen erreicht, da Anleger darauf setzten, die Fed würde der Wirtschaft durch eine rasche Senkung der Kreditkosten neue Impulse verleihen. Die Abschwächung des US-Arbeitsmarktes hatte indes vergangene Woche Anleger zu Gewinnmitnahmen getrieben.
CAPGEMINI UND SAP NACH ORACLE-ZAHLEN IM AUFWIND
Für Rückenwind sorgten unterdessen Gewinne bei Technologieunternehmen nach überraschend starken Oracle-Zahlen. Die Titel des französischen Beratungs- und IT-Dienstleisters Capgemini zogen in Paris rund sieben Prozent an. Die Titel des Walldorfer Softwarekonzerns SAP stiegen zeitweise um gut ein Prozent.
Unter Druck gerieten dagegen die Hersteller von Hörgeräten in Europa nach der jährlichen Produktpräsentation von Apple. Die Anteilsscheine von Amplifon, Sonova, Demant und GN Store Nord fielen zwischen zwei und 6,5 Prozent, nachdem Apple am Vorabend Hörgerätefunktionen für seine kabellosen Kopfhörer AirPods Pro 2 vorgestellt hat, die der Konzern bei der US-Regulierungsbehörde zur Prüfung eingereicht habe. Durch ein bevorstehendes Software-Update könnten diese in ein personalisiertes Hörgerät “umgewandelt” werden.
Größter Dax-Verlierer war zeitweise Volkswagen mit einem Minus von bis zu 2,2 Prozent. Die Analysten von Berenberg stutzten das Kursziel auf 120 Euro von zuvor 125 Euro. Nach Ansicht des früheren Porsche-Chefs und ehemaligen VW-Aufsichtsrats Wendelin Wiedeking kommt der Konzern um harte Einschnitte nicht herum. Volkswagen hatte vergangene Woche angekündigt, den Sparkurs mit Arbeitsplatzabbau und möglichen Werksschließungen bei der Kernmarke VW noch zu verschärfen.
(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)