Huawei stiehlt Apple mit Falt-Smartphone die Schau

Shenzhen/Seoul/Peking (Reuters) – Im Wettstreit um das begehrenswerteste Smartphone läutet Huawei die nächste Runde ein.

Der chinesische Konzern stellte am Dienstag mit dem “Mate XT” das erste Z-förmig faltbare Handy offiziell vor. “Heute präsentieren wir ein Produkt, von dem jeder geträumt hat, das aber niemand produzieren konnte”, sagte Firmenchef Richard Yu. “Unser Team hat fünf Jahre lang hart gearbeitet und nie aufgegeben.”

Den Termin hatte Huawei sorgfältig gewählt, wenige Stunden nach dem Debüt des neuen iPhone 16 von Apple. Bereits zuvor war durchgesickert, dass für das “Mate XT” rund 3,6 Millionen Vorbestellungen eingegangen sind. Dem Research-Haus IDC zufolge lag der weltweite Absatz von Falthandys im zweiten Quartal bei etwa vier Millionen, das sind etwa 1,3 Prozent des Smartphone-Marktes insgesamt. Diese Geräte sind meist deutlich teurer als konventionelle Produkte.

HUAWEI PUNKTET MIT NEUERUNGEN – APPLE ENTTÄUSCHT KI-FANS

Trotz der US-Beschränkungen für Technologie-Exporte in die Volksrepublik lässt Huawei mit seinen Produkten immer wieder aufhorchen. Gleichzeitig profitiert der Konzern von der Enttäuschung über Apple. So sind die KI-Funktionen des neuen iPhone 16 wie Formulierungshilfen für Texte, die der US-Konzern bei der Präsentation besonders hervorgehoben hat, zunächst nur in US-Englisch verfügbar. Die chinesische Version soll 2025 debütieren, unter anderem weil das KI-Paket “Apple Intelligence” erst von der Regierung in Peking freigegeben werden muss. Aber auch Kunden in anderen nicht-englischsprachigen Ländern müssen sich gedulden. In der Europäischen Union (EU) verzögere sich die Einführung einiger Funktionen wegen Unsicherheiten bei der Vereinbarkeit mit EU-Technologiegesetzen.

“Was bringt es, ein iPhone 16 zu kaufen, wenn man die KI nicht nutzen kann?”, schrieb ein Nutzer auf der chinesischen Online-Plattform Weibo. Ein anderer kommentierte: “Ohne KI als größtes Verkaufsargument sollte es die Hälfte kosten.” Chinesische Nutzer gelten als besonders KI-affin. Im “Mate XT” könnten sämtliche KI-Funktionen ab dem Verkaufsstart genutzt werden, betonte Huawei-Chef Yu.

“Aktuelle iPhone-Nutzer, die ihr Gerät bereits seit drei bis vier Jahren besitzen, werden sicher zum Kauf eines Neugeräts verführt, auch wenn einige Funktionen erst später auf den Markt kommen”, wandte Analystin Nabila Popal vom Research-Haus International Data Corp ein. Denn damit seien sie für die Zukunft gerüstet. Anleger zweifelten allerdings an einem baldigen Absatzschub. Apple-Aktien gaben im vorbörslichen Handel an der Wall Street gut ein Prozent nach. Im vergangenen Jahr steuerten iPhone-Verkäufe rund die Hälfte zum Konzernumsatz von 383 Milliarden Dollar bei.

GUT FÜRS IMAGE – AUCH GUT FÜR DIE BILANZ?

Die neuen Huawei-Produkte würden das Geschäft von Konkurrenten wie Apple oder Samsung insgesamt aber nur wenig beeinträchtigen, betonte Analyst Jene Park vom Research-Haus Counterpoint. “Die Menge der lieferbaren Produkte ist begrenzt.” In China könnte Huawei aber sicher Marktanteile gewinnen. Eine weitere Hürde ist der Einstiegspreis von umgerechnet knapp 2600 Euro. Ein iPhone 16 bekommt man bereits für etwa ein Drittel dieser Summe.

Vor einem Jahr hatte Huawei Apple ebenfalls die Schau gestohlen, als es wenige Tage vor der Premiere des iPhone 15 das “Mate 60 Pro+” vorstellte, das westlichen Produkten ebenbürtig ist. Vor diesem Hintergrund hatte Apple beim iPhone 15 auf die üblichen Preiserhöhungen verzichtet. Dennoch verlor der Konzern in China seither immer mehr Marktanteile an Huawei, woran auch Rabatt-Aktionen kaum etwas geändert haben. Auch diesmal drehte der US-Konzern nicht an der Preisschraube.

Im ersten Halbjahr 2024 verbuchte Huawei einen Umsatzsprung von gut 34 Prozent auf umgerechnet 53,1 Milliarden Euro. Der Reingewinn kletterte um 18 Prozent auf sieben Milliarden Euro. Dem Branchendienst Canalys zufolge steigerte der Konzern den Absatz seiner Smartphones in der Volksrepublik gleichzeitig um 55 Prozent auf 22,2 Millionen Einheiten.

(Bericht von David Kirton, Liam Mo und Hyunjoo Jin; geschrieben von Hakan Ersen. Redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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