Unicredit-Chef wirbt für Zusammengehen mit Commerzbank

Mailand/Frankfurt/München (Reuters) – Die italienische Großbank Unicredit wirbt nach ihrem Einstieg beim deutschen Konkurrenten Commerzbank für ein Zusammengehen der beiden Institute.

“Ich denke, das Endziel ist das, worüber jeder spricht: Europa braucht stärkere Banken”, sagte Unicredit-Chef Andrea Orcel am Donnerstag dem Sender Bloomberg Television. Denn Europa müsse sich als Wirtschaftsraum gegenüber den USA und China behaupten. Die Italiener, denen bereits die deutsche HypoVereinsbank gehört, hatten am Mittwoch überraschend eine Commerzbank-Beteiligung von neun Prozent bekannt gegeben. Die Aussicht auf eine Übernahme war auf Zuspruch bei Aktionären und Ökonomen und auf Ablehnung in der Bank und bei Gewerkschaftsvertretern gestoßen.

Orcel machte am Donnerstag deutlich, dass Unicredit als zweitgrößter Commerzbank-Aktionär an einer Aufstockung ihres Anteils interessiert sei. Zu angemessenen Konditionen bestehe Interesse an einem Kauf der übrigen vom deutschen Staat gehaltenen Anteile in Höhe von zwölf Prozent. Auch am Markt könne Unicredit weitere Aktien kaufen. Eine Übernahme der Commerzbank sei jedoch nicht die einzige Option. Auch unabhängig von einem Zusammenschluss könne viel erreicht werden. Der Einstieg sei die Grundlage für Gespräche über ein Zusammengehen.

“Es ist sehr einfach, sich mit allen Beteiligten auszutauschen und zu sehen, ob die Grundlage für einen Zusammenschluss gegeben ist”, sagte Orcel. “Wir können uns konstruktiv an der Frage beteiligen, ob wir alle etwas mehr als nur den Wert schaffen wollen, den die Commerzbank allein erreichen kann.” Er verwies darauf, dass der deutsche Bankenmarkt durch das Nebeneinander von Privatbanken, Sparkassen und Genossenschaftsinstituten von ungewöhnlich starker Konkurrenz geprägt ist. “Wir sind der Meinung, dass es in Deutschland angesichts des fragmentierten Marktes Raum gibt, um durch eine Konsolidierung weiteren Wert zu schaffen”, sagte Orcel.

Übernahmenfantasien schoben die Aktien der Commerzbank am Donnerstag weiter an. Die Titel legten in der Spitze 3,4 Prozent auf 15,19 Euro zu und gehörten damit zu den größten Dax-Gewinnern. Am Mittwoch hatten die Titel bereits 16,5 Prozent gewonnen. Die US-Bank JP Morgan hat die Titel auf “Overweight” von “Neutral” hochgestuft. Die Experten gehen davon aus, dass das Vorgehen der UniCredit eine Konsolidierungswelle in der europäischen Bankenbranche auslösen könnte. Sie sehen einen positiven Effekt für Banken, die in der Vergangenheit bereits als mögliche Übernahmeziele gehandelt wurden, wie die Commerzbank, die niederländische ABN Amro oder das italienische Genossenschaftsinstitut Banco BPM. Die Papiere von ABN und BPM notierten 3,5 und 2,9 Prozent fester. Unicredit-Papiere legten in Mailand 3,3 Prozent zu.

Die Unicredit hatte einen Teil ihres Commerzbank-Pakets meistbietend dem Bund abgekauft und einen weiteren Teil an der Börse erworben. Orcel sagte, UniCredit habe im Sommer begonnen, Commerzbank-Aktien auf dem freien Markt zu kaufen, als sich die Gerüchte verdichtet hätten, dass die Bundesregierung Anteile verkaufen könnte. “Als die Regierung tatsächlich beschloss, dies zu tun, und wir zu den Investoren gehörten, die sie aufriefen, ihren Anteil zu kaufen, machten wir ein Angebot, das vollständig angenommen wurde”, sagte Orcel. Dabei sei der Regierung klar gewesen, dass Unicredit zu diesem Zeitpunkt bereits ein Aktienpaket von 4,5 besessen habe.

Der Bund war im Zuge einer Rettungsaktion in der Finanzkrise ab 2008 bei dem Institut eingestiegen und will nach früheren Angaben sukzessive aussteigen. Nach der am Mittwoch bekannt gegebenen Transaktion besteht nach Angaben des Finanzministeriums nun eine dreimonatige Sperrfrist für einen Verkauf weiterer Commerzbank-Aktien. Die Gewerkschaft Verdi hat Widerstand gegen eine mögliche Übernahme der Commerzbank durch die Italiener angekündigt. Auch die Bank will einem Insider zufolge eine Übernahme abwehren. Das Finanzministerium hatte am Mittwoch erklärt, der Bund werde nun die Situation analysieren.

(Bericht von Valentina Za, Marc Jones, Tom Sims, Daniela Pegna und Jörn Poltz. Redigiert von Olaf Brenner.; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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