Insider – ZF Friedrichshafen steigt bei Chipfabrik aus

Frankfurt (Reuters) – Der kriselnde Autozulieferer ZF Friedrichshafen zieht sich nach Informationen aus Branchenkreisen vom Projekt einer Chipfabrik des US-Unternehmens Wolfspeed im Saarland zurück.

Wolfspeed habe den Plan für das Werk wegen schwacher Nachfrage nach Elektroautos auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt, erklärte ein mit dem Vorgang Vertrauter der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag. “Sie wissen nicht, ob der Markteintritt in Europa noch sinnvoll ist.” ZF könne den Beitrag von rund 170 Millionen Euro gut an anderer Stelle gebrauchen. Zuerst hatte das “Handelsblatt” über den Rückzug berichtet, der das Ende des Fabrikplans bedeute. ZF wollte sich nicht dazu äußern. Wolfspeed war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Die Unternehmen hatten den Plan Anfang 2023 im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) angekündigt. Mit staatlicher Hilfe sollte für insgesamt 2,75 Milliarden Euro eine Fabrik entstehen, die ab 2027 Siliciumkarbid-Halbleiter fertigt. Mit diesen kann etwa die Reichweite von E-Autos gesteigert werden. Ein Scheitern des Projekts wäre nach der Verschiebung der Chipfabrik von Intel in Magdeburg der zweite Rückschlag für die Strategie, Europa unabhängiger von Chipherstellern aus Asien zu machen. Die Abhängigkeit von Asien hatte sich während der Corona-Pandemie als Nachteil erwiesen, weil die Chiphersteller Lieferungen an die Autoindustrie zugunsten der Kunden in der boomenden Elektronikbranche hintanstellten.

US-REGIERUNG FÖRDERT WOLFSPEED

Wolfspeed schrieb zuletzt Verluste und hatte im Sommer bekanntgegeben, den Start des Fabrikbaus zu verschieben. Das Unternehmen hat in den USA zwei Großprojekte laufen: die Erweiterung seiner Chipfertigung im Werk Marcy/New York und eine neue Waferfabrik in North Carolina. Für letztere erhielt Wolfspeed vergangene Woche die Zusage für 750 Millionen Dollar staatlicher Zuschüsse – unter der Bedingung, dass Wolfspeed seine Finanzen in Ordnung bringt und das Geld der Steuerzahler abgesichert wird. Wolfspeed erklärte, drei Investmentfonds als Co-Finanzierer von weiteren 750 Millionen Dollar an der Hand zu haben. Es sei außerdem eine Steuererstattung von einer Milliarde Dollar zu erwarten. Neue Mittel sollen aufgenommen und Zinszahlungen verschoben werden. Anleger zweifeln an den Aussichten wegen des verlangsamten Umstiegs auf E-Autos, so dass die Aktie in diesem Jahr schon drei Viertel an Wert verlor.

Das Kriechtempo bei E-Autos bringt auch den zweitgrößten deutschen Zulieferer ZF mächtig unter Druck. Nach hohen Investitionen in die E-Antriebstechnik rufen die Autobauer nicht die erwarteten Stückzahlen ab. Der Stiftungskonzern hat deshalb angekündigt, bis 2028 jeden vierten der 54.000 Arbeitsplätze in Deutschland abzubauen und kürzlich die Gewinnprognose gesenkt.

(Bericht von Ilona Wissenbach, Miranda Murray, David Shepardson, redigiert von Kirsti Knolle und Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)

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