Bei Boeing wird weiter gestreikt – Tarifvertrag abgelehnt

Seattle (Reuters) – 33.000 streikende Arbeiter in den USA haben auch ein zweites Tarifangebot von Boeing mehrheitlich abgeschmettert und stürzen den Flugzeugbauer damit finanziell noch tiefer in die Bredouille.

In einer Urabstimmung lehnten 64 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder das Angebot ab, die Löhne über vier Jahre um 35 Prozent zu erhöhen, wie die Internationale Gewerkschaft der Flugzeugmechaniker und Arbeiter (IAMAW) am Mittwochabend (Ortszeit) mitteilte. Die Gewerkschaft fordert 40 Prozent mehr Geld und die Wiedereinführung der Betriebsrenten, die vor zehn Jahren gestrichen worden waren. Die Belegschaft an der Westküste der USA ist seit mehr als fünf Wochen im Ausstand und legt damit die Produktion des Verkaufsschlagers Boeing 737 MAX sowie der Langstrecken-Baureihen 767 und 777 lahm. Das hat Boeing schon jetzt mehr als eine Milliarde Dollar gekostet.

Die Belegschaft fühlt sich seit zehn Jahren betrogen. Damals hatte der Flugzeugbauer mit der Drohung, die 777-Produktion zu verlagern, das Ende der traditionellen Betriebsrenten erzwungen. Seither hat der Konzern zweistellige Milliardenbeträge für Aktienrückkäufe ausgegeben und Managern Rekord-Boni gezahlt. “Da sind immer noch tiefe Wunden”, sagte der Verhandlungsführer der Gewerkschaft, Jon Holden. “Ich will an den Verhandlungstisch zurückkehren, und Boeing muss das auch.” Er hofft auf erneute Unterstützung der Regierung. Julie Su, die Staatssekretärin im Arbeitsministerium, hatte sich in den Tarifstreit eingeschaltet.

Boeing wollte sich zum Ausgang der Abstimmung zunächst nicht äußern. “Das sind schlechte Nachrichten für alle – Boeing, die Belegschaft, Lieferanten, Kunden, für die ganze US-Wirtschaft”, sagte Luftfahrt-Experte Scott Hamilton nach dem negativen Votum. Einen ersten Vorschlag über 25 Prozent Lohnerhöhung hatten die Arbeiter mit 95 Prozent abgelehnt; die Folge waren Streiks. In der Zwischenzeit hat der neue Boeing-Chef Kelly Ortberg wegen der knappen Kassen die Streichung von 17.000 Arbeitsplätzen angekündigt.

Boeing will bis zu 15 Milliarden Dollar frisches Kapital aufnehmen. Ortberg hatte am Mittwoch gewarnt, dass der Konzern auch im nächsten Jahr noch Geld verlieren werde, eine schnelle Lösung der Probleme sei nicht zu erwarten. Ortberg steht selbst unter Druck. Er habe in den Verhandlungen bisher keine so gute Figur gemacht, sagte Berater Richard Aboulafia von AeroDynamic Advisory. “Sie (Boeing) müssen das hinkriegen, und sie sind in einer schwachen Position.”

Der Produktionsstopp bei Boeing sorgt auch bei den Zulieferern für Probleme. Der vor der Übernahme durch Boeing stehende Rumpf-Lieferant Spirit Aerosystems hat bereits 700 Mitarbeiter für 21 Tage in Zwangsurlaub geschickt. Wenn der Streik bis in den Dezember dauere, müsse man Mitarbeiter entlassen.

(Bericht von Daniel Catchpole, geschrieben von Katharina Loesche und Alexander Hübner, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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