Frankfurt (Reuters) – In Erwartung wichtiger US-Konjunkturdaten haben Europas Börsen am Freitag einen vorsichtigen Erholungskurs eingeschlagen.
Der deutsche Leitindex Dax kletterte am Vormittag um 0,5 Prozent auf 19.138 Punkte. Der EuroStoxx50 gewann bis zu 0,6 Prozent auf 4856 Zähler. Die Unsicherheit über den Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen entwickelte sich in den vergangenen Tagen allerdings zum Bremsklotz: Auf Wochensicht steuern beide Barometer auf deutliche Verluste zu. Kurz vor der US-Präsidentschaftswahl am Dienstag gibt es keinen haushohen Favoriten: die Demokratin Kamala Harris und der Republikaner Donald Trump liegen in Umfragen Kopf an Kopf. “Für die Börse ist Unsicherheit das stärkste Gift”, warnte Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. Auch die steigenden Kosten für Künstliche Intelligenz (KI) der großen Tech-Konzerne hatten die Stimmung an der Wall Street zuletzt eingetrübt.
Zudem stehen richtungsweisende Konjunkturdaten auf der Agenda, was die Nervosität der Anleger erhöht. Am Freitagmittag (13.30 Uhr MEZ) legt die US-Regierung den Arbeitsmarktbericht für Oktober vor. Von Reuters befragte Experten erwarten einen Stellenaufbau von nur noch 115.000, nach 254.000 im September. “Eine starke Erholung am Arbeitsmarkt könnte die Fed weiter in die Defensive drängen und Zinssenkungen entsprechend weiter nach hinten verschieben”, sagte Portfoliomanager Thomas Altmann von QC Partners. Die US-Notenbanker dürften vor allem auf die Lohnentwicklung achten. Die Fed hatte im September die Zinsen gesenkt und könnte nächste Woche Marktteilnehmern zufolge nachlegen. Neben den Jobdaten dürfte auch der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe am Nachmittag die Kurse an den Börsen bewegen.
ÖLPREISE STEIGEN WEGEN GEOPOLITISCHEN SPANNUNGEN
Spekulationen auf einen Vergeltungsschlag vom Irak gegen Israel trieben die Ölpreise in die Höhe. Der israelische Geheimdienst deutete an, dass der Iran sich in den kommenden Tagen auf einen Angriff auf Israel mit zahlreichen Drohnen und ballistischen Raketen von irakischem Territorium aus vorbereite, berichtete Axios am Donnerstag. Dies erhöhe die Wahrscheinlichkeit, dass es vor den US-Wahlen zu weiteren Feindseligkeiten kommt, sagte SEB Research-Analyst Ole Hvalbye. Der Iran ist einer der größten Ölproduzenten weltweit. Die Nordseesorte Brent verteuerte sich um 2,7 Prozent auf 74,76 Dollar je Fass. Der Preis für US-Leichtöl WTI stieg um 2,8 Prozent auf 71,22 Dollar.
ENERGIEAKTIEN IM PLUS – FIELMANN BRECHEN EIN
Entsprechend waren an den Aktienmärkten Energiewerte gefragt. Der europäische Branchenindex stieg um 1,3 Prozent. Finanzwerte präsentierten sich ebenfalls fester. Die Papier von Commerzbank und Deutsche Bank zogen um je rund anderthalb Prozent an. Für Aktien von Hellofresh ging es mehr als zehn Prozent auf 11,19 Euro nach oben, nachdem JP Morgan sein Kursziel für den Lebensmittel-Lieferdienst auf 14 Euro verdoppelte.
Im SDax brachen die Aktien von Fielmann nach Vorlage der Quartalsbilanz um 7,8 Prozent ein. Die Optikerkette hatte nach einem Umsatz- und Gewinnwachstum in den ersten neun Monaten die Jahresziele bekräftigt. Dennoch habe Fielmann nicht überzeugt und die durchschnittlichen Analystenschätzungen bei Umsatz und bereinigtem Ergebnis verfehlt, sagte ein Händler.
An der Londoner Börse hoben die Aktien des Konsumgüterkonzerns Reckitt beflügelt von einem Rechtsspruch zu ihren Gunsten um mehr als elf Prozent ab und steuern damit auf ihren besten Tag seit 2009 zu. Die Tochtergesellschaft Mead Johnson und der US-Konzern Abbott sind einem Geschworenenurteil zufolge nicht für die schwächende Darmerkrankung eines kleinen Jungen verantwortlich. Die Konzerne waren beschuldigt worden, nicht vor den Risiken ihrer Frühgeborenennahrung gewarnt zu haben.
(Bericht von Anika Ross, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)