– von Alexandra Schwarz-Goerlich und John O’Donnell und Valentina Za
Wien (Reuters) – Die Europäische Zentralbank (EZB) drängt Insidern zufolge die Raiffeisen Bank International (RBI) und die UniCredit dazu, zusätzliches Kapital als Puffer gegen potenzielle Risiken aus ihrem Russland-Geschäft vorzuhalten.
Das sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Die EZB wolle die Risiken mindern, denen die beiden Banken ausgesetzt seien, da sie in einem Land operieren, in dem sie keine effektive Kontrolle über ihre Aktivitäten mehr hätten, sagte einer der Insider. Außerdem solle diese Kapitalreserve die Banken auf eine mögliche vollständige Abschreibung ihrer russischen Aktivitäten vorbereiten, sagte eine der Personen.
EZB und UniCredit lehnten eine Stellungnahme ab. Ein Sprecher von Raiffeisen erklärte, dass die Bank in ihrer Präsentation zu den Ergebnissen für das dritte Quartal darauf hingewiesen habe, dass die Kapitalanforderungen ab Anfang nächsten Jahres steigen würden. Auf Seite 13 kündigte die Bank für den OSII-Puffer eine Erhöhung um 25 Basispunkte an, was Analysten zufolge lediglich eine leichte Erhöhung wäre. Die harte Kernkapitalquote (CET1) der RBI liegt nach Angaben der Bank im Falle einer Entkonsolidierung der russischen Tochter bei einem Buchwert von Null bei 15,3 Prozent. Zu dem Reuters-Bericht wollte sich der Sprecher nicht äußern.
Die österreichische RBI und die italienische UniCredit sind die größten westlichen Banken, die weiterhin in Russland aktiv sind. Bereits im Frühjahr hatte die EZB beide Institute aufgefordert, ihre Russland-Aktivitäten, einschließlich internationaler Zahlungen, schneller zurückzufahren – andernfalls drohen Sanktionen. Die genaue Höhe der angedachten Kapitalanpassungen konnte Reuters nicht in Erfahrung bringen. Der jährliche Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP) ist aber auch noch nicht abgeschlossen.
Bei der RBI geht es einem der Insider zufolge um mehrere Risikofaktoren, darunter die Rechtsstreitigkeiten um Schweizer-Franken-Kredite in Polen. Zum dritten Quartal wurde bekannt, dass die RBI in diesem Zusammenhang weitere 500 Millionen Euro an Vorsorgen bilden musste. Zudem müsse die Bank Anforderungen erfüllen, um die Risikoposition bei Immobilienkrediten zu berücksichtigen. “Die EZB sieht die RBI derzeit sehr, sehr kritisch. Den Kapitalpuffer will sie deutlich erhöhen”, sagte die Person.
Die RBI arbeitet seit Monaten daran, die Vorgaben der EZB zur Reduzierung des Russland-Geschäfts zu erfüllen. Bankchef Johann Strobl betonte in einer Analystenkonferenz zum dritten Quartal, dass die Wiener Bank bereits einige Maßnahmen umgesetzt habe. Die Kredite seien seit dem Höhepunkt im zweiten Quartal 2022 um knapp 67 Prozent reduziert worden und um 23 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Bis der gesamte Kreditbestand abgebaut werde, werde es aber noch Jahre dauern.
Die UniCredit wiederum klagte gegen die EZB, da die Bank der Auffassung ist, dass die Aufforderung zum Rückzug aus Russland im Widerspruch zu russischem und internationalem Sanktionsrecht steht. Unterdessen hat UniCredit im dritten Quartal Zahlungen, Kredite und Einlagen in Russland reduziert und nähert sich damit den eigenen Zielen für 2025.
Die EZB legt die sogenannten “Pillar 2”-Anforderungen (P2R) jährlich fest, nachdem die individuellen Risiken der Banken überprüft wurden. Vor einer endgültigen, rechtlich bindenden Entscheidung im Dezember werden Entwürfe erstellt und Diskussionen mit den Banken geführt.
Bart Joosen, Professor für Finanzrecht an der Universität Leiden, erklärte: “Wenn die EZB ein Risiko in der Bilanz identifiziert, beginnt sie eine Diskussion mit der Bank darüber, wie dieses Risiko zu klassifizieren ist”. Sollte die Notenbank entscheiden, dass ein bestimmtes Risiko inakzeptabel ist, werde das Geldhaus aufgefordert, das Risiko zu eliminieren. “Bei fehlender Reaktion kann diese Anordnung rechtsverbindlich gemacht und ein formales Eskalationsverfahren eingeleitet werden”, so Joosen.
(Bericht von Alexandra Schwarz-Goerlich, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)