Börsen kommen in Trippelschritten voran – EZB und Bilanzen im Blick

Frankfurt (Reuters) – Mit einem Fuß auf der Bremse haben die europäischen Börsen ihre Rekordfahrt am Donnerstag fortgesetzt.

Kurz vor der Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) lehnten sich die Anleger nicht allzu weit aus dem Fenster. Der Dax stand gegen Mittag dennoch 0,2 Prozent höher bei 21.680 Punkten. Zwischenzeitlich markierte er ein frisches Allzeithoch von 21.715,13 Zählern. Auch der spanische Leitindex und der paneuropäische Stoxx 600 verzeichneten neue Bestmarken. Der EuroStoxx50 gewann 0,7 Prozent auf ein 24-Jahres-Hoch von 5266 Punkten.

Beim Dax mehrten sich die Anzeichen einer gewissen Müdigkeit, sagte Stratege Jürgen Molnar von RoboMarkets. “Die Dynamik wird mit jedem neuen, erreichten Allzeithoch schwächer.” Experten sehen insgesamt aber einen intakten Aufwärtstrend am Aktienmarkt. Auch die US-Notenbank Fed habe mit der erwarteten Zinspause keinen Grund geliefert, der die gute Stimmung an der Börse trüben könnte, sagte CMC-Markets-Analyst Jochen Stanzl.

EZB VOR ZINSSENKUNG – DEUTSCHLAND BREMST EURO-WIRTSCHAFT

Von der EZB erwarten Börsianer ebenso Rückenwind: Sie dürfte die Zinsen das fünfte Mal seit der geldpolitischen Wende im vergangenen Jahr senken, um das schwache Wachstum in der Euro-Zone zu stützen. Mit einem Plus von 1,8 Prozent gehörten die zinssensitiven Immobilienwerte Europas zu den Sektoren mit den höchsten Gewinnen.

Die Wirtschaftsleistung der Euro-Zone bremst derzeit vor allem Deutschland: Hierzulande schrumpfte das BIP sowohl im vierten Quartal als auch 2024 insgesamt um 0,2 Prozent. “Deutschland wird immer mehr abgehängt”, sagte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger. Der Euro stand 0,1 Prozent im Minus bei 1,0410 Dollar, während die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe um fünf Basispunkte auf 2,521 Prozent sank.

DEUTSCHE BANK AUF TALFAHRT – TECH-WERTE STÄRKER

Aktienanlegern schmeckte der Gewinnrückgang bei der Deutschen Bank nicht. Die Aktien verloren bis zu 6,3 Prozent auf 18,30 Euro und waren mit Abstand schwächster Dax-Wert. Das Finanzinstitut verdiente aufgrund von Kosten für die Beilegung von Rechtsstreitigkeiten im vergangenen Jahr weniger. Auf den ersten Blick sei die Bilanz für 2024 schlechter als erwartet ausgefallen, sagt ein Händler. “Nach dem extrem starken Lauf der Aktien in den vergangenen drei Wochen sind Gewinnmitnahmen wahrscheinlich.” Die Aktien der Deutschen Bank haben seit Jahresbeginn rund 17 Prozent zugelegt.

Der europäische Technologiesektor präsentierte sich hingegen stärker und gewann 1,1 Prozent. Anleger verdauten den Schock über die steigende Popularität des KI-Modells des chinesischen Startups DeepSeek, der die hohen Bewertungen von US-Techwerten wie Nvidia und anderen Vorreitern der KI-Revolution in Frage stellte. In Japan hellte Advantest, ein Zulieferer des US-Chipherstellers Nvidia, die Stimmung mit der Anhebung seiner Gewinnprognose um 37 Prozent auf – dank starker Nachfrage für seine Testwerkzeuge für Halbleiter, die in der KI zum Einsatz kommen. Enttäuschung machte sich hingegen bei Anlegern von STMicroelectronics breit. Der zu den größten europäischen Chipherstellern zählende Konzern verzeichnete Umsatz- und Gewinnrückgänge und gab einen trüben Ausblick auf das erste Quartal. Die Aktien verloren neun Prozent und markierten den tiefsten Stand seit knapp fünf Jahren.

Ebenfalls im Tal der Tränen befanden sich die Anleger der Billig-Airline Wizz Air, deren Aktien nach der zweiten Gewinnwarnung innerhalb von sechs Monaten um 16 Prozent einbrachen. Enttäuscht zeigten sich Börsianer auch vom Umsatzwachstum von H&M. Die Aktien des schwedischen Textilkonzerns sackten um 4,7 Prozent ab.

(Bericht von Anika Ross, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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