Wien/München (Reuters) – Der verpatzte Rückzug aus Russland und die Trennung von der Tochter in Belarus haben der österreichischen Raiffeisen Bank International einen Gewinneinbruch eingebrockt.
Der Nettogewinn halbierte sich im abgelaufenen Jahr angesichts einer Abschreibung auf Rechtsstreitigkeiten um ihre Russland-Tochter auf 1,16 (2023: 2,39) Milliarden Euro, wie die RBI am Dienstag mitteilte. Im vierten Quartal ergab sich nach der Russland-Rückstellung von 840 Millionen Euro sogar ein Verlust von 926 Millionen Euro. Weitere 824 Millionen Euro kostete der Verkauf der belarussischen Priorbank.
In der Kernbank – ohne Russland und Belarus – erwirtschaftete die RBI im Gesamtjahr einen stabilen Gewinn von 975 Millionen Euro, der durch Rückstellungen von 649 Millionen für Franken- und Euro-Kredite in Polen in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Aktionäre der in Osteuropa stark engagierten Bank sollen eine auf 1,10 (1,25) Euro dezimierte Dividende erhalten. Die RBI-Aktie stieg dennoch um drei Prozent auf 20,64 Euro.
“Die RBI hat 2024 trotz massiver Sonderbelastungen ein zufriedenstellendes Ergebnis erzielt”, erklärte Vorstandschef Johann Strobl. “Der Geschäftsabbau in Russland macht große Fortschritte.” Dort sei das Kreditvolumen im dritten Jahr des Krieges gegen die Ukraine um 30 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro zurückgefahren worden, die Einlagen der Kunden gingen um 35 Prozent zurück.
Doch der Ausstieg aus dem lukrativen Russland-Geschäft der AO Raiffeisenbank ist schwierig. Ein russisches Gericht in Kaliningrad hatte den Baukonzern Strabag, seine österreichischen Großaktionäre und die russische RBI-Tochter AO Raiffeisenbank kürzlich zu 2,04 Milliarden Euro Schadenersatz an den russischen Strabag-Aktionär Rasperia verurteilt. Die Bank will dagegen in Berufung gehen.
STROBL HOFFT AUF ÖSTERREICHISCHE GERICHTE
Die RBI hatte lange nach einem Weg gesucht, sich ohne Verlust aus dem Kriegsland zurückzuziehen. Der Versuch der RBI, Rasperia ein in Russland eingefrorenes Anteilspaket an der Strabag abzukaufen und damit einen Teil ihrer dort gebundenen sechs Milliarden Euro sanktionskonform freizusetzen, war am Widerstand der US-Regierung gescheitert. Die Rückstellung fällt aber geringer aus als die Schadenersatzsumme. Denn Strobl rechnet die 1,2 Milliarden Euro dagegen, die das Strabag-Paket von Rasperia wert ist: Er sei “sehr, sehr zuversichtlich”, dass die RBI Ansprüche darauf vor Gericht in Österreich durchsetzen könne.
Vorstandschef Strobl sagte, die Bank strebe weiterhin einen Verkauf der Mehrheit an der AO Raiffeisenbank an – und sie geht offenbar weiter davon aus, dass das ohne Verluste gelingt. Unter dieser Voraussetzung läge die harte Kernkapitalquote bei 15,1 Prozent, einschließlich des Russland-Geschäfts war sie Ende 2024 mit 17,1 Prozent höher. Ende dieses Jahres soll sie ohne Russland leicht auf 15,2 Prozent steigen. Dabei peilt RBI eine Eigenkapitalrendite von 10 (9,4) Prozent an. Mittelfristig soll sie auf mindestens 13 Prozent steigen. Dabei sind das Russland-Geschäft und die Kosten für den Streit um Fremdwährungskredite in Polen herausgerechnet. Kunden hatten bei vielen westlichen Banken Immobilienkredite in Franken oder Euro statt in Zloty aufgenommen, um Zinsen zu sparen. Doch die Währungsrisiken fielen ihnen auf die Füße – was wiederum die polnische Regierung auf den Plan rief.
Welche Bedeutung Russland und Belarus für die Bank haben, zeigt der Vergleich der operativen Zahlen für 2024 und der Ziele für 2025. Der Zinsüberschuss soll in diesem Jahr 4,15 Milliarden Euro erreichen, 28 Prozent weniger als 2024. Beim Provisionsüberschuss wird mit 1,95 Milliarden Euro ebenfalls gut ein Viertel niedriger erwartet. Der Verwaltungsaufwand soll nur um neun Prozent sinken, das Verhältnis von Aufwand und Ertrag würde sich damit auf 52,5 von 43 Prozent verschlechtern.
(Bericht von Francois Murphy und Alexander Hübner, redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)