Staatsanwaltschaft fordert in Cum-Ex-Prozess hohe Haftstrafe

Bonn (Reuters) – Im Bonner Cum-Ex-Prozess gegen den ehemaligen Steueranwalt Hanno Berger, dem eine Schlüsselrolle im dem milliardenschweren Steuerskandal zugewiesen wird, hat die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von neun Jahren gefordert.

Berger habe sich in drei Fällen der besonders schweren Hinterziehung von Steuern schuldig gemacht, sagte Staatsanwalt Jan Schletz am Dienstag in Bonn. Er habe mit hoher krimineller Energie gehandelt und eine “hervorgehobene” Rolle bei den Transaktionen eingenommen, bei denen es um den “blanken Griff in die Staatskasse” gegangen sei. Im Falle Bergers bestehe zudem Fluchtgefahr. Auch solle Vermögen bei ihm eingezogen werden. Bergers Verteidiger Richard Beyer verzichtete auf eine konkrete Forderung und appellierte an die “Güte des Gerichts”. Die Strafkammer unter Richter Roland Zickler will am kommenden Dienstag ihr Urteil verkünden.

Berger war im Februar aus der Schweiz an die deutsche Justiz ausgeliefert worden, der Prozess in Bonn läuft seit April. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Steuerhinterziehung in drei Fällen vor, die ursprünglich angenommene Schadenshöhe lag bei insgesamt gut 278 Millionen Euro. Der Profit daraus soll dabei bei rund 27,3 Millionen Euro gelegen haben, dieser soll der Staatsanwaltschaft zufolge eingezogen werden. Berger gilt als einer der geistigen Väter des Betrugssystems, mit dem sich Investoren eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Aktiendividenden vom Finanzamt doppelt erstatten ließen. Dazu verschoben sie um den Stichtag für die Auszahlung der Dividende herum untereinander Aktien mit (“cum”) und ohne (“ex”) Dividendenanspruch. Der Gesamtschaden durch Cum-Ex-Betrug wird auf einen zweistelligen Milliardenbetrag geschätzt.

Die Vorwürfe der Anklage seien im dem Verfahren weitgehend bestätigt worden, sagte Staatsanwalt Schletz. Berger habe etwa der Bank Warburg zu den Transaktionen geraten und die Geschäfte auch Investoren angeboten. “Der Profit wurde ausschließlich zu Lasten des Fiskus erzielt”, betonte er. Aussagen Bergers, er sei davon ausgegangen, die Transaktionen seien steuerrechtlich zulässig, seien eine “Schutzbehauptung”: “Berger wusste, dass der Gewinn aus der Steuer stammte.” Dies sei im Prozess aus Dokumenten und Zeugenaussagen deutlich geworden. In dem Prozess hatte auch Bergers ehemaliger Kanzlei-Partner Kai-Uwe S. ausgesagt, der laut Gericht ankündigte, seine durch die Transaktionen erzeilten Profite an den Fiskus zurückzahlen zu wollen.

Berger hatte erklärt, er habe das Vorgehen als ein legales Steuersparmodell angesehen. Verteidiger Beyer sagte, Berger sei “an seinem Talent zugrunde gegangen”. Er sei “aber nie Mister Cum-Ex gewesen”, vielmehr sei er durch Zufall auf das Modell gestoßen, das auch von vielen Landesbanken mit Finanzministern im Aufsichtsrat angewandt worden sei. Er verzichte auf eine konkrete Forderung, sagte der Verteidiger.

Gegen Berger wird zudem noch vor dem Landgericht Wiesbaden verhandelt – auch dort geht es um mutmaßliche Steuerhinterziehung mit Hilfe von Cum-Ex-Geschäften.

(Bericht von Matthias Inverardi, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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