Europas Börsen bauen Jahresanfangsrally aus

Frankfurt (Reuters) – Die Hoffnung auf ein verlangsamtes Zinserhöhungstempo der Europäischen Zentralbank (EZB) stimmt europäische Anleger optimistisch.

Der deutsche Leitindex Dax lag am Dienstagnachmittag 1,2 Prozent im Plus bei 14.231 Punkten. Sein europäisches Pendant EuroStoxx50 stieg um 1,1 Prozent auf 3889 Punkte. Grund war ein überraschend starker Rückgang der deutschen Inflation. Niedrigere Energiepreise ließen die Verbraucherpreise im Dezember nur noch um durchschnittlich 8,6 Prozent zum Vorjahresmonat klettern nach 10,0 Prozent im November. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Rückgang auf 9,1 Prozent gerechnet. Auch bei Staatsanleihen griffen Investoren zu. Dies drückte die Rendite der zehnjährigen Bundestitel auf 2,368 Prozent nach 2,447 Prozent am Vortag.

“Freude über die rückläufige Inflationsrate ist natürlich erlaubt. Eine Kursänderung der Europäischen Zentralbank (EZB) darf aber niemand erwarten”, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. Die Verbraucherpreise in der gesamten Eurozone müssten fallen, bis die Inflation auch nur in die Nähe des EZB-Ziels von zwei Prozent kommt. Auch Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer mahnt zur Vorsicht. “Die Inflation ist nur deshalb deutlich gefallen, weil der Staat im Dezember für viele Bürger die Abschlagzahlungen für Gas übernommen hat.” Ohne Energie und Nahrungsmittel sei die Inflation dagegen weiter von 5,0 Prozent auf geschätzte 5,1 Prozent gestiegen.

EURO UND ÖLPREISE AUF TALFAHRT

Die Aussicht auf kleinere Zinsschritte der EZB machte der europäischen Gemeinschaftswährung zu schaffen. Der Euro fiel um gut ein Prozent auf 1,0550 Dollar. Für Jochen Stanzl, den Chef-Marktanalysten des Online-Brokers CMC Markets, war dies jedoch nur ein kurzzeitiger Rücksetzer. “Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es in diesem Jahr einen Monat geben wird, in dem die Fed die Zinsen nicht mehr anhebt, die EZB aber schon.” Schließlich habe die US-Notenbank viel früher die geldpolitischen Zügel angezogen. Außerdem liegen die Schlüsselsätze jenseits des Atlantiks etwa doppelt so hoch wie in der Euro-Zone.

Unter Druck standen auch die Ölpreise. Anhaltende Sorgen um die Corona-Lage in China drückten die Nordsee-Sorte Brent und die US-Sorte WTI ins Minus von jeweils 1,1 Prozent auf 85,00 beziehungsweise 79,39 Dollar pro Barrel (159 Liter). “Die Aussichten bleiben äußerst ungewiss, was die Ölpreise länger sehr volatil halten sollte”, sagte Craig Erlam, Marktanalyst beim Handelshaus Oanda.

BRENNTAG IM AUFWIND – VERZICHT AUF MILLIARDEN-ÜBERNAHME

Bei den deutschen Aktienwerten gehörte Brenntag mit einem Kursplus von 5,8 Prozent zu den Favoriten. Der Chemikalien-Händler blies die milliardenschwere Übernahme des US-Rivalen Univar ab. Die Entscheidung komme nicht überraschend, nachdem ein aktivistischer Investor Front gegen die Pläne gemacht habe, sagte ein Börsianer.

In den USA geht für Tesla nach dem schwärzesten Börsenjahr seit der Erstnotiz 2010 die Talfahrt weiter. Die Aktie des Elektroautobauers verliert nach einem Quartalsabsatz unter den Markterwartungen im vorbörslichen US-Geschäft 3,2 Prozent. “Teslas frühere Kursgewinne basierten auf überdurchschnittlichem Wachstum”, sagt Finanzmarkt-Experte Russ Mould vom Brokerhaus AJ Bell. Inzwischen sehe die Sache etwas anders aus.

(Bericht von Zuzanna Szymanska und Hakan Ersen. Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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