Gedruckte Zeitung adé – Döpfner sieht Springers Zukunft “digital only”

Berlin (Reuters) – Axel Springer ist trotz der Krisen in Folge des Ukraine-Kriegs und der schwächeren Konjunktur gut durch das vergangene Jahr gekommen.

“Unser Umsatz ist das zweite Jahr in Folge im zweistelligen Prozentbereich gewachsen – das ist einmalig in jahrzehntelanger Unternehmensgeschichte”, sagte Konzernchef und Großaktionär Mathias Döpfner am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. “Rund 3,9 Milliarden Euro Umsatz, davon rund die Hälfte aus dem Ausland, und eine dreiviertel Milliarde Euro Ergebnis zeigen, wie erfolgreich wir das Geschäftsjahr 2022 trotz aller Krisenherde gestalten konnten.”

Das globale Mediengeschäft wachse ebenso wie das Rubrikengeschäft mit Job- und Immobilienanzeigen – also die sogenannten Classifieds. Rund läuft es seit dem Dämpfer in der Corona-Pandemie vor allem dank der anziehenden Konjunktur beim Jobportal Stepstone. Hierfür peilt Springer bei einem besseren Marktumfeld noch 2023 einen Börsengang (IPO) an. “Dass Stepstone seinen Umsatz in zwei Jahren verdoppelt und erstmals die Schallmauer von einer Milliarde Euro Umsatz durchbrochen hat, ist ein echter Meilenstein Richtung IPO”, betonte Döpfner. In einem Interview mit der Agentur dpa sagte der 60-Jährige: “Wie ein Börsengang genau aussieht und welchen Anteil wir an den Markt bringen, werden wir dann sehen.”

DIGITALGESCHÄFT SORGT FÜR MEHR ALS 95 PROZENT DES GEWINNS

Springer will sich perspektivisch vom gedruckten Zeitungsgeschäft verabschieden und eine reine Digitalfirma werden. “Die spannendste Zeit liegt vor uns – über die nächsten fünf Jahre steht für mich die vollständige Digitalisierung des Hauses im Fokus”, sagte Döpfner zu Reuters. “Die Zukunft von Axel Springer ist ‘digital only’.” Seit über 20 Jahren sei der Berliner Verlag und Herausgeber von “Bild” und “Welt” Vorreiter des digitalen Wandels – etwa beim Thema bezahlter journalistischer Inhalte (“Paid Content”). “Und auch die letzte Etappe der Digitalisierung werden wir aktiv gestalten.” Der dpa sagte der Manager: “Es ist völlig klar, dass es eines Tages keine gedruckte ‘Bild’-Zeitung, keine gedruckte ‘Welt’ und überhaupt keine gedruckte Zeitung mehr im Hause Axel Springer geben wird – außer vielleicht Sondereditionen.” Das Digitalgeschäft habe im vorigen Jahr bereits 85 Prozent des Umsatzes und mehr als 95 Prozent des Gewinns beigesteuert.

Döpfner bekräftigte, dass Springer im wichtigen Medienmarkt USA spürbar wachsen wolle. “Heute sind wir nach Reichweite der viertgrößte Verlag in den USA”, sagte er der Deutschen Presseagentur. In den vergangenen 15 Monaten habe man die journalistische Belegschaft dort um 400 aufgestockt. Auf die Frage, wo das Berliner Unternehmen in fünf Jahren stehen werde, betonte Döpfner: “Von Platz 4 kann man auf 3, von 3 auf 2, vielleicht sogar eines Tages von 2 auf 1. Unmöglich ist das nicht.” Bei den Markengruppen “Bild” und “Welt” hatte Döpfner zuletzt Kostensenkungen und fundamentale Umstrukturierungen angekündigt. Die Formulierung “Jobabbau” vermied der Manager und sprach nun von “Personalumschichtung”. An der einen Stelle werde es weniger, an der anderen mehr. “Das bedeutet auch Trennungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern”, sagte Döpfner, ohne jedoch Umfang und Zeitpunkt zu konkretisieren.

(Bericht von Klaus Lauer; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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