Streit um Thyssens Stahl-Joint-Venture immer schärfer

– von Tom Käckenhoff und Christoph Steitz

Düsseldorf/Frankfurt (Reuters) – Der Streit bei Thyssenkrupp zwischen der IG Metall und dem Konzernvorstand um das geplante Stahl-Joint-Venture mit der Energieholding EPCG des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky eskaliert.

Der Konzern kündigte am Mittwoch an, das angestrebte Gemeinschaftsunternehmen nicht auf Dauer voll zu finanzieren. Auch nach vollzogener Beteiligung Kretinskys mit 20 Prozent werde das Stahlgeschäft zwar vorerst weiter von Thyssenkrupp finanziert. “Für den Fall eines 50/50-Joint Venture wird eine eigenständige Finanzierung mit unterstützenden Beiträgen beider Partner angestrebt.” Eine solche eigenständige Finanzierung würde auf Basis des neuen Businessplans von den Gesellschaftern festgelegt. Bei den Verhandlungen mit Kretinsky über die restlichen 30 Prozent werde eine Best-/Fair-Owner-Vereinbarung angestrebt.

Die IG Metall hatte zuvor dem Konzernvorstand um den Chef Miguel Lopez vorgeworfen, sich auf Kosten der Belegschaft und der Öffentlichkeit vom Stahlgeschäft verabschieden und sich aus der Verantwortung stehlen zu wollen. “Mit dem Einstieg von Herrn Kretinsky öffnet sich die Büchse der Pandora, aus der nur Schlechtes kommt”, kritisierte der Vize-Chef der IG Metall, Jürgen Kerner, in einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Flugblatt. Es gehe um viel mehr als nur um die 20-Prozent. Der sogenannte Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (BGAV) zwischen der AG und der Stahltochter stehe durch den Kretinsky-Deal vor dem Aus. Es entstehe ein Finanzierungsbedarf in Milliardenhöhe. Eine Milliarde Euro würde allein bei einer Restrukturierung der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen kosten. Hinzu kämen weitere drei Milliarden Euro für eine notwendige finanzielle Ausstattung des Stahlunternehmens. “Eine Verselbstständigung ohne diese Ausstattung wäre der Weg in den sicheren Tod.”

IG Metall und Betriebsräte haben Lopez mangelnde Transparenz bei den Verhandlungen mit Kretinsky vorgeworfen, was der Manager

zurückgewiesen hat. “Betriebsbedingte Kündigungen hat es beim Stahl noch nie gegeben”, betonte der Konzern. Es ist unser erklärtes Ziel, das auch weiterhin zu vermeiden.” Selbstverständlich halte sich Thyssenkrupp auch an alle bestehenden Tarifverträge. “Allerdings kann nur ein erfolgreiches und profitables Unternehmen langfristig sichere und zukunftsfähige Arbeitsplätze bieten.”

(Bericht von Tom Käckenhoff, Christoph Steitz; redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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