Handelskammer – Viele deutsche Firmen setzen Ukraine-Investitionen fort

Berlin (Reuters) – Viele deutsche Firmen in der Ukraine planen trotz des Krieges neue Investitionen in dem osteuropäischen Land.

Rund 43 Prozent der Unternehmen wollen ihr Engagement fortsetzen, nur acht Prozent wollen de-investieren, wie aus einer Umfrage der Deutsch-Ukrainischen Industrie- und Handelskammer (AHK Ukraine) hervorgeht, die der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag vorlag. Dafür wurden mit der Beratungsfirma KPMG 142 Firmen befragt. Wesentliche Bedingungen für einen Ausbau der Geschäftsaktivitäten sind politische und wirtschaftliche Stabilität sowie öffentliche Fördermittel und Garantien.

Etwa 42 Prozent der Betriebe erwarten, dass sich die wirtschaftliche Lage in der Ukraine in den kommenden zwölf Monaten bessert. Rund 48 Prozent rechnen mit keiner Veränderung, während zehn Prozent eine Verschlechterung befürchten.

Wegen der fortdauernden russischen Angriffs schätzen deutsche Unternehmen das aktuelle Geschäftsklima für die Ukraine gemischt ein. Demnach bewerten 24 Prozent die Lage als gut, aber genauso viele als schlecht. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) hält sie für weder gut noch schlecht. Nahezu jede zweite Firma bewertet den Zugang zum ukrainischen Markt als Geschäftschance. “Die Ukraine ist eines der großen Länder Europas, hat qualifizierte Arbeitskräfte, vor allem die technisch-naturwissenschaftliche Ausbildung war immer gut”, sagte Reiner Perau, Geschäftsführer der AHK Ukraine. “Dazu kommen fruchtbare Böden und eine logistisch günstige Lage für Europa.” Das Land sei ein attraktiver Standort für Nearshoring – also das Verlagern von geschäftlichen Aktivitäten vom fernen ins näher gelegene Ausland.

Mehr als jedes vierte Unternehmen sieht die digitale Infrastruktur und großen Zahl von IT-Spezialisten in der Ukraine als Geschäftschance.

KRIEG ALS RISIKO – ARBEITSKRÄFTE FEHLEN WEGEN MOBILISIERUNG

“Deutsche Investitionen können einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung der ukrainischen Wirtschaft leisten”, ergänzte Fachmann Nicolai Kiskalt vom Beratungsunternehmen KPMG. “Als große Industrienation bietet die Ukraine deutschen Unternehmen dafür enormes Potenzial, insbesondere in den Bereichen Produktion, Energie, Pharma sowie IT und Outsourcing.”

Deutschland und die EU haben milliardenschwere Förderprogramme aufgesetzt. Diese sind auch eine wichtige Rückendeckung für Firmen, um sich in der Ukraine zu engagieren. Aber 35 Prozent der deutschen Unternehmen glauben, dass die Mittel für ihre Zwecke ungeeignet sind. “20 Prozent haben von den Programmen noch nichts gehört”, heißt in der Umfrage.

Die größte Herausforderung für mehr als die Hälfte der Befragten (53 Prozent) in puncto langfristiger Investitionen bleibt der anhaltende Krieg in der Ukraine. Besonders im Fokus stehen die Gefahren für die Sicherheit der eigenen Beschäftigten (38 Prozent). Fast ein Drittel der Befragten (31 Prozent) bewerten Korruption als das drittgrößte Hindernis. Auch die Verfügbarkeit von Arbeitskräften bleibt während des Kriegs eine große Herausforderung. Das neue Mobilisierungsgesetz dürfte dies noch einmal erschweren. “Je mehr Leute mobilisiert werden, umso weniger werden für den Wiederaufbau zur Verfügung stehen”, sagte AHK-Experte Perau.

In Deutschland findet kommende Woche eine Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine statt. “Mit der Wiederaufbaukonferenz wollen wir der Ukraine gemeinsam mit vielen Partnern aus Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Kommunen auf ihrem Weg der Reform und des Wiederaufbaus mit aller Kraft unter die Arme greifen”, sagte Außenministerin Annalena Baerbock. Entwicklungsministerin Svenja Schulze fügte hinzu, aufgeben sei keine Option. “Schon jetzt in Kriegszeiten muss die Ukraine Häuser, Wasserleitungen, Kliniken und die Stromversorgung immer wieder aufbauen.”

(Bericht von Klaus Lauer; redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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