Aktionärsschelte für Einstieg von Großreeder MSC bei HHLA

Berlin (Reuters) – Auf der Zielgeraden zum geplanten Einstieg der weltgrößten Container-Reederei MSC beim Hamburger Hafenbetreiber HHLA bekommen die Unternehmen und die Regierung der Hansestadt noch einmal kräftig Gegenwind zu spüren.

Auf der virtuellen HHLA-Hauptversammlung hagelte es am Donnerstag Kritik: MSC habe einen “zweifelhaften Ruf”, sagte Markus Dufner, Geschäftsführer beim Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. HHLA-Chefin Angela Titzrath verteidigte das geplante Geschäft und verwies auf inzwischen ausgehandelte Zusagen unter anderem für Investitionen und unabhängige Entwicklung sowie die Absicherung der Belegschaft.

Kurz zuvor war klargeworden, dass sich die Zustimmung der Hamburgischen Bürgerschaft zu dem Deal verzögert. Aktionärsschützer Dufner forderte das Landesparlament auf, dem Geschäft nicht zuzustimmen. Viele MSC-Containerschiffe seien veraltet und Umweltschutzanforderungen kämen bisher zu kurz, so Dufner. Auch beim Umgang mit Beschäftigten und in Sachen Transparenz stehe MSC in der Kritik. Die HHLA sei brüskiert worden. Dirk Unrau, Vertreter der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, sagte, der Umgang der Stadt Hamburg mit der HHLA sei ein Skandal.

Die rot-grüne Regierung der Freien und Hansestadt Hamburg hatte im September die heimische Wirtschaft und offenbar auch den Vorstand der HHLA selbst mit dem Plan überrascht, in großem Stil Anteile an MSC abzugeben. Zwar soll die Stadt Mehrheitseignerin des Traditionskonzerns bleiben. Doch mit der in der Schweiz ansässigen und sehr verschwiegenen MSC steigt ein Rivale der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd und ihrem künftigen Partner Maersk bei der HHLA ein. Der Deal hatte in der Hansestadt zum Teil heftige Kritik ausgelöst. MSC gehört der Familie des italienisch-stämmigen Konzernchefs Gianluigi Aponte. Seit fast 20 Jahren ist MSC über ein Joint Venture mit dem HHLA-Konkurrenten Eurogate am Container-Terminal in Bremerhaven beteiligt.

HHLA-CHEFIN VERWEIST AUF AUSGEHANDELTE ZUSAGEN

HHLA-Chefin Titzrath bestätigte, erst kurz vor der Veröffentlichung des Plans davon erfahren zu haben. Sie sagte aber auch: “Wir fühlen uns nicht vorgeführt”. Mit Blick auf die Kritik verwies sie auf eine zwar noch nicht unterzeichnete, aber mittlerweile mit der Stadt und MSC vollständig ausgehandelte Vereinbarung zu dem Zusammenschluss. Darin seien Regelungen für die unabhängige Weiterentwicklung der HHLA verankert. Deshalb sei der Vorstand davon überzeugt, dass die Partnerschaft für die HHLA Mehrwert bringe. So setzt die HHLA auf eine Kapitalspritze von 450 Millionen Euro und den MSC-Container-Umschlag an den Kais.

Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) erhofft sich durch das Engagement des Reederei-Riesen positive Effekte in schwierigen Zeiten für Deutschlands größten Seehafen. In trockenen Tüchern ist der Deal noch nicht. Vielmehr setzte die Opposition im Landesparlament eine öffentliche Anhörung zu dem Thema am 20. Juni durch. Damit verzögert sich das Votum, das Medien zufolge für den 26. Juni geplant war.

Leonhards Behörde erklärte auf Anfrage, man rechne nun mit einer Abstimmung am 10. Juli. “Wir gehen – wie im Herbst vergangenen Jahres angekündigt – weiter von einem Vollzug der Transaktion im Jahresverlauf 2024 aus”, betonte ein Sprecher. “Daran hat sich nichts geändert.” Der Abschluss war zunächst schon im zweiten Quartal 2024 angepeilt worden, später wurde dann das dritte Quartal für realistisch gehalten. Auch die EU-Kommission muss noch zustimmen.

Ein Rückzug von der Börse gilt als realistische Option nach Abschluss der Transaktion. Auf Nachfrage von Aktionärsvertretern erklärte HHLA-Chefin Titzrath, MSC und die Stadt Hamburg hätten die für einen aktienrechtlichen Squeeze-Out erforderliche Beteiligungsschwelle von 95 Prozent noch nicht erreicht. Im Dezember waren es laut MSC nach Ablauf einer zweiten Annahmefrist rund 92,3 Prozent, im Mai Medienberichten zufolge 93 Prozent. Unternehmensrechtlich reichen für einen Squeeze-Out allerdings mehr als 90 Prozent.

(Bericht von Elke Ahlswede, Mitarbeit Alexander Hübner. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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