Cum-Ex-Prozess gegen Ex-Bankier Olearius ist eingestellt

Bonn (Reuters) – Der Cum-Ex-Steuerprozess gegen den über 80 Jahre alten Ex-Chef der Hamburger Privatbank M.M.Warburg, Christian Olearius, ist wegen des angeschlagenen Gesundheitszustands des Angeklagten vom Landgericht Bonn eingestellt worden.

“Der Angeklagte ist verhandlungsunfähig”, sagte Richterin Marion Slota-Haaf am Montag in Bonn. Olearius könne nur 45 Minuten pro Gerichtstag einer Verhandlung folgen – werde diese Vorgabe umgesetzt, könne eine Prozessdauer von nahezu drei Jahren die Folge sein. Dem 82jährigen drohe zudem das Risiko “eines akuten Schlaganfalls”. Deshalb ende der Prozess trotz des öffentlichen Interesses an dem Cum-Ex-Skandal vorzeitig. Die Kosten müsse die Staatskasse übernehmen.

Olearius hatte zuvor erneut gesagt, er sei unschuldig. Ein Kronzeuge habe die Unwahrheit gesagt, er sei öffentlich bereits vor Beginn des Prozesses verurteilt und stigmatisiert worden. Das Verfahren habe nun seine Unschuld gezeigt: “Die Anklage ist widerlegt.”

Die Staatsanwaltschaft hatte Olearius schwere Steuerhinterziehung vorgeworfen. Vor dem Landgericht Bonn wurden 14 Fälle verhandelt, der Schaden für den Fiskus lag den Anklägern zufolge bei knapp 280 Millionen Euro. Die Verteidigung hatte massive Kritik an der Arbeit der Ermittlungsbehörden geübt und die Vorwürfe der Anklage zurückgewiesen.

Wegen des vorzeitigen Ende des Verfahrens liege eine “Sachentscheidungsreife” für einen Freispruch nicht vor, sagte Richterin Marion Slota-Haaf weiter. Diesen hatte die Verteidigung beantragt. Eine staatliche Vorverurteilung des Ex-Bankiers könne sie nicht erkennen. Er habe ein faires Verfahren bekommen. Auch sei das juristische Verfahren trotz einer Dauer von insgesamt acht Jahren und sechs Monaten nicht überlang. Es habe aber auch “vermeidbare Verzögerungen” durch die Staatsanwaltschaft gegeben, die erst spät Anklage erhoben habe.

Unklar ist, ob die Staatsanwaltschaft eine Strafzahlung von rund 40 Millionen Euro gegen Olearius durchsetzen kann. Das Gericht hatte eine entsprechende Forderung der Anklage abgewiesen, diese legte Beschwerde ein.

Bei den Cum-Ex-Geschäften verschiedener Banken war dem deutschen Staat ein Schaden in Milliardenhöhe entstanden. Anleger ließen sich dabei eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Aktiendividenden mit Hilfe von Banken mehrfach erstatten. Dazu verschoben sie um den Stichtag der Dividendenzahlung herum untereinander Aktien mit – also cum – und ohne – ex – Dividendenanspruch. Die Fälle hatten weite Kreise gezogen, bei Banken und Anwaltskanzleien gibt es deswegen immer wieder Durchsuchungen.

(Bericht von Matthias Inverardi, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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