Tarifeinigung in Chemiebranche – Insgesamt 6,85 Prozent mehr Lohn

Frankfurt (Reuters) – Gewerkschaft und Arbeitgeber haben sich nach zähem Ringen auf einen Tarifabschluss für die 585.000 Beschäftigten der Chemieindustrie geeinigt.

Sie sollen insgesamt 6,85 Prozent mehr Lohn erhalten, wie die Gewerkschaft IGBCE und der Bundesarbeitgeberverband BAVC am Donnerstag nach der dritten bundesweiten Verhandlungsrunde in Bad Breisig bei Bonn mitteilten. Tarifbeschäftigte IGBCE-Mitglieder sollen zudem künftig einen freien Tag zusätzlich im Jahr bekommen. Darüber hinaus wird der Bundesentgelttarifvertrag schrittweise modernisiert. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrags beträgt 20 Monate.

Die Lohnerhöhung soll in zwei Stufen erfolgen: In diesem Jahr sollen die Beschäftigten ab September zwei Prozent mehr Geld erhalten – zusätzlich zur Entgelterhöhung von 3,25 Prozent und steuerfreier Inflationsausgleichsprämie von 1500 Euro im Januar aus dem letzten Tarifabschluss. Ab April nächsten Jahres erhöhen sich die Einkommen um weitere 4,85 Prozent. Betriebe in wirtschaftlichen Schwierigkeiten können die zweite Stufe um maximal drei Monate verschieben.

“Mit diesem Tarifabschluss nah an unserer Forderung geht es bei den Reallöhnen für die Chemie-Beschäftigten endlich wieder bergauf, und wir sind auf gutem Weg, die Inflationskrise hinter uns zu lassen”, erklärte IGBCE-Verhandlungsführer Oliver Heinrich. BAVC-Präsidentin Katja Scharpwinkel, die im Vorstand des Ludwigshafener Chemieriesen BASF ist, sprach von einem hart erarbeiteten Kompromiss. Das Umfeld für die Verhandlungen sei alles andere als einfach gewesen, beide Seiten hätten sich deutlich aufeinander zubewegen müssen. “Standort und Beschäftigung in Deutschland stehen vor großen strukturellen Herausforderungen, die unsere Branche meistern muss.”

Die Gewerkschaft hatte sieben Prozent mehr Einkommen für die Beschäftigten, eine tarifliche Besserstellung von Gewerkschaftsmitgliedern sowie eine Modernisierung des Bundesentgelttarifvertrags gefordert. Aktive Mitglieder der IGBCE sollen nun ab 2025 einen Zeitausgleich im Umfang von einem Arbeitstag pro Jahr für ihr gewerkschaftliches Engagement erhalten. Für eine Gewerkschaftsmitgliedschaft über zehn, 25, 40 oder 50 Jahre bekommen sie zudem im entsprechenden Jahr einen weiteren freien Tag. Den Zeitausgleich erhalten alle aktiven Mitglieder, die länger als drei Monate in der Gewerkschaft organisiert sind.

Die Modernisierung des Bundesentgelttarifvertrags, der aus dem Jahr 1987 stammt, soll die Aufstiegschancen in der Branche verbessern. Höhergruppierungen und Vertretungsregelungen sollen finanziell attraktiver gestaltet werden. Auch wurden unter anderem Berufsbezeichnungen aktualisiert. Darüber hinaus wurde die Schaffung einer branchenweiten Online-Plattform vereinbart, über die Beschäftigte, deren Arbeitsplatz gefährdet ist, innerhalb der Chemieindustrie weitervermittelt werden können.

Zuletzt hatten sich Gewerkschaft und Arbeitgeber in der Chemie im Oktober 2022 auf einen Tarifabschluss verständigt, der Sonderzahlungen und tabellenwirksame Entgelterhöhungen von je 3,25 Prozent in zwei Schritten vorsah. Dieser Vertrag läuft Ende Juni aus. Der neue Tarifvertrag gilt ab dem 1. Juli.

(Bericht von Patricia Weiß, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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