Lufthansa kämpft mit Sparprogramm gegen Gewinn-Erosion

– von Alexander Hübner

München (Reuters) – Die Deutsche Lufthansa muss deutliche Abstriche an ihrer Gewinnprognose machen und verschärft ihr Sparprogramm.

Nach sechs Monaten ist die Fluggesellschaft noch in den roten Zahlen, für das Gesamtjahr erwartet sie nun einen operativen Gewinn von 1,4 bis 1,8 (2023: 2,7) Milliarden Euro, wie sie am Freitag mitteilte. Bisher hatte die Lufthansa mit einem bereinigten Ergebnis vor Steuern und Zinsen von 2,2 Milliarden Euro gerechnet. Vor allem die Lage im Passagiergeschäft der Kranich-Marke Lufthansa und deren Zubringer-Tochter Cityline bereitet deren Vorstand Kopfzerbrechen. Der Lufthansa fehlten die Geschäftsreisenden, die nach der Corona-Krise nicht in dem Maß zurückgekommen seien wie erwartet, schrieb Sparten-Chef Jens Ritter in einem Reuters vorliegenden Brief an die Belegschaft.

“Ein ausgeglichenes Ganzjahresergebnis wird für Lufthansa Airlines zunehmend anspruchsvoll”, hieß es in der Mitteilung. Im ersten Halbjahr rutschte die Sparte mit 427 (Vorjahreszeitraum: Gewinn von 149) Millionen Euro in die Verlustzone. “Um dem entgegenzuwirken, wird ein umfangreiches Turnaround-Programm auf den Weg gebracht.” Die im April verkündeten Maßnahmen reichten nicht aus, schrieb Ritter. Im zweiten Schritt würden deshalb die Sachkostenbudgets um 20 Prozent gekürzt, die Marketingbudgets um zehn Prozent. In der Verwaltung würden freie Stellen ab sofort nicht mehr besetzt. “Wir verschieben, kürzen oder stoppen alle nicht betriebsnotwendigen Projekte und senken die Aufwendungen betriebsnotwendiger Projekte um zehn Prozent.”

Allein im zweiten Quartal brach der Gewinn der Kernmarke um 58 Prozent auf 213 Millionen Euro ein. Das drückte das operative Ergebnis im Konzern um mehr als ein Drittel auf 686 Millionen (Vorjahr: 1,1 Milliarden) Euro. Nach sechs Monaten steht damit noch ein dreistelliger operativer Millionenverlust zu Buche. Ob die gesenkte Prognose zu halten sei, hänge von der weiteren Entwicklung des Gewinns im Lufthansa-Passagiergeschäft und vom Jahresend-Geschäft der Frachtsparte Cargo ab. Für die übrigen Fluglinien, Lufthansa Technik und Lufthansa Cargo wird für das zweite Halbjahr zumindest mit einem stabilen Ergebnis gerechnet.

Die Lufthansa-Aktie gab nach der Gewinnwarnung um bis zu 3,9 Prozent nach, lag am frühen Nachmittag aber mit 5,71 Euro nur noch 1,4 Prozent im Minus.

ERNÜCHTERUNG: GESCHÄFTSREISENDE KOMMEN NICHT ZURÜCK

Nach der Aufholjagd infolge der Corona-Flaute ist bei der Lufthansa Ernüchterung eingekehrt. Die Ticketpreise, die in den vergangenen zwei Jahren im Schnitt um fast ein Viertel gestiegen waren, hätten sich normalisiert – besonders in Asien seien sie gesunken. Dazu kämen “Ineffizienzen”, etwa durch Verzögerungen bei der Auslieferung neuer Flugzeuge. Die großen Hersteller Airbus und Boeing kommen aufgrund von Engpässen und hausgemachten Problemen der Nachfrage nicht hinterher. Der Lufthansa-Konzern hat allein 250 neue Maschinen bestellt, die von 2024 bis 2029 kommen sollen.

“Die Kosten sind deutlich gestiegen, und bei gleichzeitig sinkenden Einnahmen lassen sich viele Strecken, insbesondere im Kontinentalverkehr, nicht mehr wirtschaftlich bedienen”, resümierten Ritter und seine Airline-Vorstandskollegen. Die angepeilte Marge von acht Prozent sei so nicht erreichbar. “Wir müssen also Kosten senken und mehr Erlöse generieren.”

Es gebe eine “neue Realität”: Das Geschäftsreisen-Segment, auf das die Lufthansa ihr Netz ausgerichtet hatte, werde nicht wieder auf das Vor-Corona-Niveau zurückkehren, sondern “auf dem aktuellen, niedrigen Niveau bleiben”. Viele Manager nutzen inzwischen Videokonferenzen, statt sich ins Flugzeug zu setzen. Zwar gebe es dafür mehr Privatreisen, doch diese fänden hauptsächlich im Sommer statt. “Mit unserem aktuellen System haben wir kaum Möglichkeiten, derartige saisonale Schwankungen auszugleichen”, hieß es in dem Brief.

(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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