Trüber Ausblick überschattet starke ASML-Zahlen

Amsterdam (Reuters) – Ein drohender Einbruch des wichtigen China-Geschäfts hat die überraschend starken Geschäftszahlen von ASML in den Hintergrund gedrängt.

Außerdem blieb der Ausblick des weltweit führenden Anbieters von Maschinen zur Computerchip-Produktion am Mittwoch hinter den Erwartungen zurück. Investoren warfen die Papiere daher aus ihren Depots, die in Amsterdam um bis zu acht Prozent einbrachen. Damit steuerten sie auf den größten Tagesverlust seit dem Börsen-Crash vom März 2020 zu.

Einem Medienbericht zufolge erwägen die USA, ausländische Firmen wie ASML oder Tokyo Electron mit Sanktionen zu belegen, sollten diese weiter Hochtechnologie nach China liefern. Dabei beriefen sie sich auf eine Bestimmung aus dem Jahr 1959, der zufolge die Regierung das Recht hat, den Verkauf jeglicher Produkte zu untersagen, die mit Hilfe amerikanischer Technologie entwickelt wurden. Weder die beiden genannten Firmen noch das US-Handelsministerium waren zunächst für einen Kommentar zu erreichen.

STARKER AUFTRAGSEINGANG – AUSBLICK DENNOCH MAU

Im abgelaufenen Quartal lief es für ASML den Angaben zufolge noch vergleichsweise gut. Umsatz und Gewinn gingen zwar zurück, lagen mit 6,2 beziehungsweise 1,6 Milliarden Euro aber über den Markterwartungen. Etwa ein Drittel der Erlöse ging auf das Konto chinesischer Kunden. Hier hatten Experten wegen der Spannungen zwischen den USA und China größere Einbußen befürchtet. Der Grund für die anhaltend hohe Nachfrage sei offenbar das Ziel der Volksrepublik, bei der Versorgung mit Computerchips älterer Modellgenerationen von Importen unabhängig zu werden, erläuterte Analyst Krish Sankar vom Vermögensverwalter Cowen.

Aber auch bei hochmodernen Anlagen sei der Bedarf ungebrochen, betonte der neue Firmenchef Christophe Fouquet. “Wir sehen derzeit starke Entwicklungen im Bereich Künstlicher Intelligenz (KI), die den Großteil der Erholung und des Wachstums der Branche vorantreiben.” Dieser Trend werde sich in der zweiten Jahreshälfte voraussichtlich fortsetzen.

Dies spiegelte sich im überraschend hohen Auftragseingang von 5,6 Milliarden Euro wider. Etwa die Hälfte davon entfiel auf hochmoderne EUV-Lithographiesysteme. Diese Maschinen können mit extrem ultraviolettem Licht (EUV) besonders kleine Schaltkreise auf Siliziumscheiben brennen. Dies ist für die Produktion von KI-Hochleistungsprozessoren entscheidend.

ASML benötigt jedes Quartal neue Bestellungen in Höhe von vier bis sechs Milliarden Euro, um 2025 wie geplant einen Umsatz zwischen 30 und 40 Milliarden Euro zu erwirtschaften. Er gehe davon aus, dass der Konzern ein Volumen von 35 Milliarden Euro problemlos erreichen kann, schrieb Cowen-Analyst Sankar.

Mit dem Ausblick für das laufende Quartal enttäuschte ASML-Chef Fouquet allerdings. Er peilt einen Umsatz zwischen 6,7 und 7,3 Milliarden Euro an. Anleger hätten auf 7,6 Milliarden Euro gehofft, sagte Analyst Sankar. ASML sieht 2024 als Übergangsjahr und hat für 2025 wieder kräftiges Wachstum in Aussicht gestellt.

(Bericht von Toby Sterlin; geschrieben von Hakan Ersen, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

tagreuters.com2024binary_LYNXMPEK6G04Z-VIEWIMAGE

tagreuters.com2024binary_LYNXMPEK6G050-VIEWIMAGE

Close Bitnami banner
Bitnami