Infineon zahlt weitere 753 Mio Euro für Qimonda-Pleite

München (Reuters) – Den bayerischen Halbleiter-Konzern Infineon holt die Vergangenheit ein.

Der seit 14 Jahren schwelende Rechtsstreit um die Pleite der ehemaligen Speicherchip-Tochter Qimonda wird mehr als eine halbe Milliarde Euro teurer als gedacht. Qimonda-Insolvenzverwalter Michael Jaffe kassiert nach einem Vergleich weitere 753,5 Millionen Euro von Infineon, wie beide Seiten in der Nacht zum Freitag mitteilten. Der Vorwurf von Jaffe: Das ausgegliederte und in Qimonda eingebrachte Speicherchip-Geschäft sei von Anfang an “nicht werthaltig” gewesen, was drei Jahre später zur Insolvenz geführt habe. Das bestätigte Anfang dieses Jahres auch ein vom Landgericht München I bestellter Gutachter. Jaffe – der auch Insolvenzverwalter von Wirecard ist – hat für die Qimonda-Gläubiger inzwischen 1,2 Milliarden Euro erstritten.

Im Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2022/23 (per Ende September) hatte Infineon für das Klagerisiko nur 221 Millionen Euro zurückgestellt. Der Rest belastet das Ergebnis im laufenden Geschäftsjahr. Jaffe hatte ursprünglich bis zu 3,4 Milliarden Euro zuzüglich Zinsen von Infineon gefordert. “Schmerzhaft, aber verkraftbar”, schrieb Analyst Juergen Wagner von Stifel. Die Summe sei überraschend hoch. “Unter dem Strich ein teureres Ende für Infineon, aber zumindest ein Ende und damit wieder Zeit für Management und Aktionäre, sich auf das gut laufende operative Geschäft zu konzentrieren”, sagte Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets. An der Frankfurter Börse bröckelte die Infineon-Aktie um 1,2 Prozent ab und war damit einer der größten Verlierer im Dax.

Die Gewinnprognose für 2023/24 sei von dem Vergleich nicht berührt, sagte ein Infineon-Sprecher. Sie bezieht sich nur auf das operative Segmentergebnis. Auch bei der Dividende und bei Investitionen müsse das Unternehmen keine Abstriche machen.

Infineon hatte das Speicherchip-Geschäft vor 17 Jahren in die Qimonda AG ausgegliedert und diese an die New Yorker Börse gebracht. Mit bis zu 13.500 Mitarbeitern war sie damals einer der größten Hersteller von Speicherchips weltweit, schaffte es aber nie, profitabel zu werden. Im Januar 2009 war Qimonda pleite, nachdem auch der Staat nicht helfen wollte. Infineon hatte den Wert der Speicherchip-Sparte bei der Ausgliederung auf 600 Millionen Euro taxiert, der Gerichtsgutachter kam dagegen auf einen negativen Wert in Milliardenhöhe.

Insgesamt kostet Infineon die Insolvenz im Nachhinein mehr als eine Milliarde Euro, wie Jaffe vorrechnete. Nun seien alle Rechtsstreitigkeiten und Ansprüche des Insolvenzverwalters gegen Infineon vom Tisch, betonte das Unternehmen. Schon 2014 hatte es einen ersten Vergleich mit Jaffe gegeben. Im Zuge dessen kaufte Infineon Tausende Patente von Qimonda für 260 Millionen Euro zurück.

Jaffe stellte den Gläubigern von Qimonda eine “substanzielle” Insolvenzquote in Aussicht, die relativ bald ausgezahlt werden könne. Damit sei nicht zu rechnen gewesen, da Qimonda “als reine Holdinggesellschaft bei Antragstellung weder über substanzielle liquide Mittel noch über Vermögensgegenstände (verfügte), die man ohne Weiteres hätte verwerten können”, hieß es in der Mitteilung. “Damit kann nun mit den Vorbereitungen für einen Verfahrensabschluss begonnen werden, damit der große Erfolg dann auch den Gläubigern zugutekommt”, sagte er. Genauer beziffern wollte ein Sprecher die Quote nicht.

(Bericht von Alexander Hübner und Hakan Ersen, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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