Europas Börsen auf dem Rückzug – Nvidia-Einbruch belastet

Frankfurt (Reuters) – Nach dem Ausverkauf an der Wall Street geben auch die europäischen Aktienmärkte weiter nach.

Der Dax rückte weiter von der am Vortag um haaresbreite verfehlten psychologisch wichtigen 19.000er-Marke zurück und fiel in der Spitze gut ein Prozent auf bis zu 18.532 Punkte. Der EuroStoxx50 verlor am Mittwoch ebenfalls rund ein Prozent. Enttäuschende Daten zur Entwicklung der US-Industrie hatten der Börsen-Euphorie am Dienstag einen Dämpfer versetzt und den technologielastigen Nasdaq-Index mehr als drei Prozent einbrechen lassen. “Die Rally am Aktienmarkt hat gestern ein jähes Ende gefunden”, konstatierte Thomas Altmann, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter QC Partners.

Besonders gebeutelt wurde der US-Chip-Riese Nvidia, dessen Kurs am Dienstag um 9,5 Prozent eingebrochen war und der damit 279 Milliarden Dollar Börsenwert eingebüßt hatte. Dies ist der bislang höchste Wertverlust eines US-Unternehmens an einem Tag. In diesem Sog gaben auch in Asien und Europa Technologiewerte nach. “Chipaktien rund um den Globus gehören erneut zu den größten Verlierern, allein Nvidia verliert fast 300 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung an einem Tag – ein Negativrekord”, kommentierte Experte Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets.

TECH-WERTE LASSEN FEDERN

Zu den größten Verlierern in Europa gehörte mit einem Kursverlust von bis zu 6,7 Prozent ASML. Dem niederländischen Chip-Hersteller machte auch die Herabstufung der UBS-Analysten auf “neutral” von zuvor “buy” zu schaffen. Die Experten begründeten den Schritt mit einer erwarteten Verlangsamung des Gewinn-Wachstums sowie bevorstehenden Jahren des Übergangs. Der deutsche Chipkonzern Infineon gehörte mit einem Minus von mehr als drei Prozent zu den schwächsten Dax-Werten. Der entsprechende europäische Branchenindex büßte ebenfalls rund drei Prozent.

Für Nvidia ginge es weiter bergab. Die Titel des KI-Chipriesen fielen im vorbörslichen US-Handel um drei Prozent. Das US-Justizministerium habe dem Konzern eine Vorladung geschickt und damit die Untersuchung der kartellrechtlichen Praktiken des Unternehmens vertieft, berichtete die Finanznachrichtenagentur Bloomberg.

KONJUNKTURPESSIMISMUS GREIFT UM SICH

Neben dem Technologie-Ausverkauf verunsicherte Investoren auch eine Abschwächung der Aktivitäten im chinesischen Dienstleistungssektor. Das Wachstum der Auftragseingänge habe nachgelassen, was den Pessimismus über die Konjunktur in der Volksrepublik verstärke, sagte Susannah Streeter, Analystin bei Hargreaves Lansdown. Vor diesem Hintergrund gaben europäische Luxusaktien wie LVMH, Richemont und Christian Dior zwischen knapp drei und fast sechs Prozent nach.

Die Furcht vor einer schwächelnden Nachfrage und zugleich Entspannungszeichen im politischen Konflikt im Opec-Land Libyen setzten zunächst dem Ölpreis weiter zu. Nach dem Absturz um fast fünf Prozent am Vortag verbilligte sich Rohöl der Nordsee-Sorte Brent um bis zu 1,5 Prozent auf 72,63 Dollar pro Barrel. Investoren hofften auf eine mögliche Einigung zur Lösung des Konflikts in Libyen, sagte Toshitaka Tazawa, Analyst bei Fujitomi Securities. “Der Markt blieb auch wegen der Sorgen über eine schleppende Kraftstoffnachfrage infolge schwacher Wirtschaftsindikatoren aus China und den USA unter Druck.”

Bei den Einzelwerten stand zudem die Commerzbank im Rampenlicht. Der angekündigte Ausstieg des Staates ließ die Titel um bis zu 4,4 Prozent einbrechen, bevor sie die Verluste eingrenzten. Der Bund werde seinen Anteil von noch 16,49 Prozent an dem erfolgreich stabilisierten Institut sukzessive reduzieren, hatte das Bundesfinanzministerium am Vorabend mitgeteilt. Experten zeigten sich gelassen. “Auch wenn kurz- bis mittelfristig die Verkaufspläne wie ein Deckel auf der Aktie wirken dürften, langfristig ist es sicherlich zu begrüßen, wenn die Bank wieder losgelöst von staatlichen Zwängen agieren und wachsen kann”, sagte Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets.

(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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