Wirtschaftsweise – Ehe Commerzbank/Unicredit bietet viele Chancen

Berlin (Reuters) – Die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier sieht in einem möglichen Zusammenschluss der italienischen Großbank Unicredit mit der Commerzbank mehr Chancen als Risiken – sowohl für den Standort Deutschland als auch für die Finanzindustrie und den EU-Kapitalmarkt.

“Wenn Europa auf dem globalen Finanzmarkt mithalten will, darf die Branche nicht mehr so kleinteilig organisiert bleiben”, sagte das Mitglied des Sachverständigenrates Wirtschaft am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. Die Internationalisierung könne durch ein Zusammengehen der beiden Häuser vorangetrieben werden.

“Ich finde diese Kombination aus italienischer und deutscher Bank ganz schön”, sagte die an der University of California in Berkeley lehrende Professorin. “Wenn sich die Banken schon selbst länderübergreifend organisieren, dann kann das die Kapitalmarkt- und Bankenunion in der EU anschubsen.”

In der Europäischen Union habe jedes Land sein eigenes Bankensystem. Das führe dazu, dass mit einer Geldkarte mitunter nicht in einem anderen Land bezahlt werden könne. Gleichzeitig gebe es ein amerikanisches Duopol bei den Kreditkarten-Bereitstellern. “Wenn wir schon eine länderübergreifende Bank bekommen, dann wäre das doch ein guter Anfang, um daran etwas zu ändern”, sagte die Wirtschaftsweise Malmendier.

Sie kritisierte, dass die Banken wenig innovativ seien. “Wenn wir in Deutschland aus dem Wachstumsloch herauskommen wollen, brauchen wir mehr Innovationen”, betonte die Expertin. “Wir denken da immer zuerst an die Maschinen- und Autobauer oder an die Techfirmen. Aber die Banken gehören mit dazu.” Diese würden gerade bei digitalen Innovationen hinterherhinken. “Das liegt auch an ihren teils chaotischen IT-Systemen, mit denen sie zu kämpfen haben”, sagte Malmendier. “Das kann leider bei einer Verschmelzung noch schlimmer werden.”

Die Italiener erwarben neun Prozent an der zweitgrößten deutschen Bank und deuteten Interesse an einer Ausweitung ihres Engagements an. Unicredit erklärte, man werde zusammen mit der Commerzbank Möglichkeiten zur Wertsteigerung für die Aktionäre beider Banken erörtern. Im Falle einer Übernahme könnte ein Bankenriese entstehen, der einen Marktwert von fast 74 Milliarden Euro erreicht und in Europa Platz zwei nach der britischen HSBC einnehmen würde. Die Commerzbank reagierte zurückhaltend. Einem Insider zufolge will sie eine mögliche Übernahme abwehren.

(Bericht von Rene Wagner; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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