Scholz: Brauchen die besten Autos, nicht die besten Zölle

Kuppenheim (Reuters) – Bundeskanzler Olaf Scholz hat seine Kritik an den EU-Strafzöllen auf E-Auto-Importe aus China bekräftigt und damit der deutschen Autoindustrie den Rücken gestärkt.

Der überwiegende Teil der von dort importierten Autos stamme von europäischen und internationalen Herstellern. “Und deshalb bin ich gegen Zölle, die uns selbst schaden”, sagte Scholz am Montag zur Eröffnung der Batterie-Recyclingfabrik des Autobauers Mercedes-Benz in Kuppenheim. “Als Exportland leben wir vom offenen Handel mit der ganzen Welt. Und deshalb brauchen wir nicht die besten Zölle, sondern die besten Autos und die modernsten Technologien.” Die deutschen Autobauer müssten sich vor den chinesischen Konkurrenten nicht fürchten.

Deutschland gehört zur Minderheit der EU-Staaten, die gegen den demnächst geltenden Aufschlag von bis zu 35 Prozent auf den Standardzoll von zehn Prozent stimmten. Auch die deutsche Autoindustrie, die Gegenmaßnahmen der Regierung in Peking auf ihrem wichtigsten Einzelmarkt China fürchtet, stemmt sich schon lange gegen die Zusatzzölle. Diese sollen unfaire Wettbewerbsvorteile durch Subventionen für E-Autobauer in China ausgleichen. Mercedes-Chef Ola Källenius forderte am Wochenende in der “Bild”-Zeitung, die Anfang November in Kraft tretenden Zölle sollten verschoben werden, damit mehr Zeit für Verhandlungen über einen Kompromiss der EU mit China bleibe.

UNABHÄNGIGE ROHSTOFFQUELLE

Mit der neuen Batterierecycling-Fabrik in Kuppenheim ist Mercedes-Benz der erste Elektroauto-Hersteller weltweit, der den Batterie-Wertstoffkreislauf mit einer eigenen Anlage schließt. Wertvolle Rohstoffe wie Lithium, Kobalt oder Nickel können dabei mit einer Recyclingquote von mehr als 96 Prozent wiedergewonnen werden. Dank chemischer Prozesse zum Extrahieren der Rohstoffe sei der Energieverbrauch dabei niedriger als bei einer Gewinnung mit Hochöfen. Diese Kreislaufwirtschaft bei E-Auto-Batterien sei ein Meilenstein für mehr Nachhaltigkeit.

Mercedes-Chef Källenius bekräftigte, der Autobauer halte trotz der derzeit schwächeren Nachfrage am Kurs Elektromobilität fest. Dass weiter Verbrennermodelle angeboten werden, stehe dazu nicht im Widerspruch. “Die Kunden bestimmen das Tempo.” Batterierecycling trage zur von Europa angestrebten größeren Unabhängigkeit bei Rohstoffen bei, die vorwiegend aus China und Südamerika kommen.

Die Kapazität der Fabrik sichert Wertstoffe für mehr als 50.000 neue Batteriemodule pro Jahr, was für etwa 5000 Autos reicht. Der Dax-Konzern investierte einen zweistelligen Millionenbetrag in den Aufbau der neuen Batterie-Recyclingfabrik und damit in die Wertschöpfung am Standort Deutschland. “Der innovative Technologieansatz ermöglicht uns, wertvolle Rohstoffe mit höchstmöglichen Reinheitsgraden aus der Batterie zurückzugewinnen. Damit werden Batterien von heute zur nachhaltigen Rohstoffmine von morgen”, sagte Mercedes-Produktionschef Jörg Burzer. Das sei billiger als die teils knappen Rohstoffe einzukaufen. “Es ist nachhaltig wirtschaftlich”, ergänzte Burzer. Das Verfahren solle weiter entwikelt werden. Abhängig vom wachsenden Bedarf beim künftigen Hochlauf von E-Autos könne es noch weitere Recycling-Fabriken geben.

Europa sei auf dem Feld der Kreislaufwirtschaft schon weltweit führend, sagte Scholz. Dafür sprächen nicht nur ökologische Gründe, auch wirtschaftlich rechne sich das. “Deshalb arbeiten wir an der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie, bis Ende des Jahres soll sie verabschiedet werden.”

(Bericht von Ilona Wissenbach; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)

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