Zürich (Reuters) – Der Schweizer Rückversicherer Swiss Re polstert die Vorsorgen für sein US-Haftpflichtgeschäft kräftig auf und kippt deswegen sein Gewinnziel für das laufende Jahr.
“Wir haben eine umfassende Überprüfung unserer Rückstellungen in den Sach- und Haftpflichtsparten vorgenommen, unter Berücksichtigung der neuesten Branchendaten und rechtlichen Trends”, erklärte Konzernchef Andreas Berger am Donnerstag. Die Rückstellungen für das US-Haftpflichtgeschäft würden aufgrund dieser Überprüfung um 2,4 Milliarden Dollar erhöht. Der Schritt soll dazu beitragen, die Gesamtreserven der Gruppe am oberen Ende der “Best-Estimate-Bandbreite” zu verankern.
Rückversicherer sehen im Trend zu immer höheren Schadenersatzzahlungen in den USA ein wachsendes Problem für die Versicherungsbranche: Wegen der steigenden Zahl teurer Schadenersatzurteile stiegen die Haftpflichtschäden dort in den vergangenen zehn Jahren stärker als die Teuerung – eine unter dem Fachbegriff “Social Inflation” bekannte Entwicklung.
An der Börse wurde der Schritt von den Anlegern goutiert. Mit einem Kurssprung von 6,4 Prozent setzten sich Swiss Re an die Spitze sowohl der Schweizer Bluechips als auch der europäischen Versicherungswerte. Analysten sprachen von einer “Erleichterungsrally”. Mit der Maßnahme schaffe der seit Juli amtierende neue Swiss-Re-Chef Andreas Berger die seit einiger Zeit im Raum stehende Frage aus der Welt, ob für das US-Geschäft ausreichend Vorsorgen getroffen wurden. “Jetzt hat man das Thema beerdigt”, sagte Vontobel-Analyst Simon Fössmeier. Die Rückstellungen seien so stark angehoben worden, dass sie nun über jeden Zweifel erhaben seien.
SUISSE RE KAPPT GEWINNPROGNOSE
Der weltweit zweitgrößte Rückversicherer erwartet im Jahr 2024 nun mehr als drei Milliarden Dollar Gewinn – macht dafür allerdings auch einen “normalen Schadensverlauf” zur Bedingung. Bislang hatte Swiss Re über 3,6 Milliarden Gewinn in Aussicht gestellt. Branchenprimus Münchener Rück kosteten Großschäden wie etwa die Verwüstungen durch den Hurrikan “Helene” im dritten Quartal deutlich mehr als ein Jahr zuvor. Der Versicherungskonzern Zurich Insurance Group meldete ebenfalls höhere Schadenaufwendungen als vor einem Jahr.
Wegen der Reserveaufstockung dürfte die größte Swiss-Re-Sparte Schaden- und Unfallrückversicherung (P&C Re) dieses Jahr ihr Ziel, den Schaden-Kosten-Satz unter 87 Prozent zu halten, verfehlen. Die Geschäftsbereiche Lebensrückversicherung (L&H Re) und Corporate Solutions dürften ihre Jahresziele von 1,5 Milliarden Dollar Gewinn und weniger als 93 Prozent Schaden-Kosten-Satz dagegen erreichen, hieß es. Abgesehen von der Rückstellungserhöhung seien im dritten Quartal in allen Geschäftseinheiten gute Ergebnisse im Underwriting und bei den Kapitalanlagen verzeichnet worden.
Swiss Re stellte für das dritte Quartal einen Gewinn von rund 0,1 Milliarden Dollar in Aussicht und für die ersten neun Monate von etwa 2,2 Milliarden Dollar. Die Neunmonatsbilanz will das Unternehmen am 14. November veröffentlichen.
(Bericht von Paul Arnold, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)