Washington (Reuters) – Wenige Tage vor einem möglichen Verbot von TikTok in den USA erwägen die chinesischen Behörden einem Medienbericht zufolge den Verkauf der Kurzvideo-Plattform an den Milliardär und Trump-Berater Elon Musk.
Diese Option sei für den Fall im Gespräch, dass TikTok im Kampf gegen den Bann keinen Erfolg habe, schrieb die Nachrichtenagentur “Bloomberg” am Montag unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Allerdings ziehe es die Regierung in Peking vor, wenn TikTok unter der Kontrolle des chinesischen Mutterkonzerns ByteDance bleibe.
Einem der Gedankenspiele zufolge soll die Video-App unter das Dach von X, Musks Kurznachrichtendienst, schlüpfen, schrieb “Bloomberg” weiter. Es blieb aber unklar, inwieweit ByteDance, TikTok oder Musk in die Überlegungen eingebunden sind oder ob es bereits entsprechende Kontakte gab. “Man kann von uns nicht erwarten, dass wir uns zu reiner Fiktion äußern”, teilte TikTok auf Anfrage mit. Musk, X und das chinesische Handelsministerium waren für einen Kommentar zunächst nicht zu erreichen.
LIEBER SCHLIESSEN ALS VERKAUFEN
Andere Insider hatten der Nachrichtenagentur Reuters vor einiger Zeit gesagt, dass ByteDance TikTok eher dichtmachen würde als die App zu verkaufen. Offen blieb bei dem aktuellen Szenario zudem, was mit dem Empfehlungsalgorithmus von TikTok geschieht. Dieser gilt als Herzstück der Plattform. Experten bezweifeln, dass ByteDance diese Technologie aus der Hand geben würde. Außerdem falle sie voraussichtlich unter chinesische Ausfuhrbeschränkungen.
Der Milliardär Frank McCourt hatte sich in den vergangenen Monaten mehrfach als möglicher TikTok-Käufer ins Gespräch gebracht und steht nach eigenen Aussagen kurz vor der Abgabe einer offiziellen Offerte. Er habe außerdem ein Geschäftsmodell ausgearbeitet, das ohne den aktuellen TikTok-Algorithmus auskomme.
ZWANGSVERKAUF ODER VERBOT
TikTok und ByteDance stehen wegen ihrer Nähe zur chinesischen Regierung unter Spionageverdacht. Obwohl die Firmen die Vorwürfe mehrfach zurückgewiesen haben, verpflichtet ein US-Gesetz ByteDance dazu, das US-Geschäft bis zum 19. Januar 2025 zu verkaufen. Ansonsten wird TikTok landesweit gesperrt. Davon wären 170 Millionen US-Nutzer betroffen, die Hälfte der Bevölkerung. TikTok klagt gegen dieses Gesetz, das aktuell vor dem Obersten Gerichtshof der USA verhandelt wird.
Die große Unbekannte in dem Fall ist Donald Trump, der am Tag nach dem möglichen Verbot in seine zweite Amtszeit als US-Präsident eingeführt wird. Er hatte das Verfahren gegen TikTok vor einigen Jahren ins Rollen gebracht, sich zuletzt aber gegen ein Verbot ausgesprochen. Allerdings befürworten führende Politiker seiner Republikanischen Partei und zahlreiche Generalstaatsanwälte der US-Bundesstaaten einen Bann.
(Bericht von David Shepardson und Gnaneshwar Rajan; geschrieben von Hakan Ersen, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)